WAZ rüttelt am Post-Monopol

Eigene Briefkästen, eigene Marken: Der Westdeutsche Post Service, eine Tochter des WAZ-Konzerns, geht in die Offensive. Bei der Deutschen Post in Bonn bangt man derweil ums Briefmonopol

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Der Westdeutsche Post Service (WPS) rüstet auf: Ab kommenden Donnerstag verkauft der private Post-Dienstleister aus dem Ruhrgebiet seine ersten eigenen Briefmarken. Die neuen dunkelblauen Briefkästen hat die hundertprozentige Tochter des Essener WAZ-Medienkonzerns bereits in der vergangenen Woche aufgestellt. Mit diesem Schritt will sich das Unternehmen in erster Linie einer neuen Kundenschicht öffnen und künftig auch Privatleute locken. Ganz nebenbei attackiert der WPS mit seiner neuen Strategie aber auch seinen bislang größten Konkurrenten: die Deutsche Post.

Mindestens 40 Briefe musste man bisher pro Tag verschicken, damit sich das Angebot des WPS rentierte. Mitarbeiter des Unternehmens holten die Post beim Verfasser ab, kassierten dafür eine zusätzliche Service-Pauschale und trugen die Briefe anschließend übers Land. Die Abholung an der Haustür gilt wie die Zustellung am selben Tag als „Höherwertiger Service“ – nur wer diesen anbietet, erhält neben der Deutschen Post eine Lizenz zum Briefe verschicken. WPS-Kunden, die ihre Post künftig aber eigenhändig frankieren und zum nächsten blauen Kasten tragen, sparen die Service-Pauschale – und kommen günstiger weg als bei der Deutschen Post.

Die Deutsche Post, Marktführer im Briefgeschäft, gibt sich zunächst betont gelassen angesichts der WPS-Offensive. Man habe überhaupt nichts gegen Wettbewerb, beobachte ständig den Markt, und Angst, nein, Angst habe man auch nicht, tönt es aus dem Bonner Unternehmen. „Wir fühlen uns hervorragend aufgestellt“, so Post-Sprecher Uwe Bensien zur taz. Ganz so entspannt ist die Lage aber dann doch nicht. In der aktuellen Ausgabe des Spiegel kündigt Post-Chef Klaus Zumwinkel an, das Briefporto im Januar um 0,2 Prozent zu senken. Der Grund dafür liegt auf der Hand: Nachdem die Post ihr Monopol auf dem Paketmarkt bereits hat einbüßen müssen, hält sie bisher zumindest noch das Monopol auf Briefe bis zu einem Gewicht von 100 Gramm. 2006 aber sinkt diese Grenze auf 50 Gramm, Ende 2007 fällt das Briefmonopol komplett weg.

Ein lukrativer Geschäftszweig steht somit zur Disposition. 2004 lag das Gesamtvolumen des Briefgeschäfts bei gut 10 Milliarden Euro, rund 3,4 Milliarden lagen schon nicht mehr bei der Post. Aber wird deshalb gleich Blut fließen? Laut Zumwinkel offenbar schon: „Ich werde mit meinen Mitarbeitern um jeden Brief kämpfen – bis zum letzten Blutstropfen“, droht der Chef.

Beim WPS hält man sich dagegen bedeckt, was die Deutsche Post betrifft. Ute Karsten, zuständig für Unternehmensplanung und -entwicklung, sagt lediglich, es sei nicht primär das Ziel ihres Unternehmens, am Monopol der Post zu rütteln. Primär nicht, sekundär offenbar schon. So gehörte auch der Medienkonzern und WPS-Eigner WAZ zur Runde jener Zeitungshäuser, die vor gut zwei Wochen ankündigten, ins Briefgeschäft einzusteigen. Binnen weniger Jahre wollen WAZ, Holtzbrinck (Die Zeit) und die Überall-Mitmischer des Axel Springer Verlags (Bild) zur Nummer zwei im Briefgeschäft avancieren.

Mit eigenen Briefkästen und Marken kommen WPS und WAZ diesem Ziel schon mal einen Schritt näher. Wenn sich denn dadurch eine neue Käuferschaft erschließt. Die blauen WPS-Kästen stehen bisher bloß in sechs Ruhrgebiets-Städten, meistens vor den Geschäftsstellen der WAZ. Die Briefmarken sind am ersten Verkaufstag im Hauptsitz des WPS in Essen zu haben. Damit soll vor allem Philatelisten die Möglichkeit gegeben werden, die begehrten Ersttagsbriefe zu ergattern. Insgesamt werden sechs verschiedene Marken auf den Markt geworfen. Sie zeigen Motive aus den Städten Essen, Bottrop, Dortmund, Recklinghausen und Gelsenkirchen. Nach dem ersten Verkaufstag werden sie zunächst über die Homepage des WPS angeboten.

Danach will das Unternehmen sein Briefkasten-Netz sukzessive erweitern und die Briefmarken auch außerhalb des Internets verkaufen. Letztlich hängt es, wie immer, vom Zuspruch der preisbewussten Kunden ab, ob und wie der Anbieter WPS weiter expandiert. Aber Ute Karsten ist zuversichtlich: „Das wird sich entwickeln.“