Kontrolle Ulrike Hauffe sitzt seit 2005 im Verwaltungsrat der Barmer Ersatzkasse. Worüber entscheidet sie da?: „Ich nenne uns Aufsichtsrat“
taz.am wochenende: Frau Hauffe, bis zum 31. Mai können 51 Millionen Menschen ihre Stimme bei der Sozialwahl abgeben. Beim letzten Mal, vor sechs Jahren, wählten nur etwa 30 Prozent. Warum?
Ulrike Hauffe: Ich glaube, dass bei vielen noch nicht angekommen ist, welche Bedeutung die Sozialwahl hat, auch weil nur wenige mit dem Begriff „Verwaltungsrat“ etwas anfangen können. Ich nenne ihn im Dialog mit den Wählern daher häufig Aufsichtsrat, den kennt jeder. Sicherlich würden gerade jüngere Wähler ihre Stimme eher abgeben, wenn es die Möglichkeit zur Onlinewahl gäbe. Die soll es 2023 endlich auch geben.
Viele Menschen scheinen keine Vorstellung davon zu haben, was Sie in den Gremien machen. Haben Sie konkrete Beispiele für Ihre Tätigkeit?
Klar, gerne. Zum einen setzen wir den Vorstand ein und kontrollieren ihn. Das heißt, wer den Vorstand einer Kasse bildet, wie mit wem geführt wird, das ist unsere Entscheidung. Zum anderen haben wir auch auf das Leistungsgeschehen Einfluss. Wir entscheiden, was über die gesetzlich vorgegebenen Leistungsausgaben hinaus auch verausgabt werden darf. Ein aktuelles Beispiel aus der Barmer ist das sogenannte Schwangerenkonto. Wir stellen jedem schwangeren Paar 200 Euro zur Verfügung, die Väter etwa für Geburtsvorbereitungskurse verwenden können. Für werdende Mütter ist das ohnehin gesetzlich geregelt. Damit haben wir konkret auf die Wünsche unserer Versicherten reagiert.
Stichwort „Friedenswahl“. In vielen Kassen wird gar nicht erst gewählt. Hat die Sozialwahl ein Imageproblem?
Das spielt sicherlich auch eine Rolle. Friedenswahl ist ein merkwürdiges Wort, dann müsste es umgekehrt doch eigentlich Kriegswahl heißen. Ich bin eine Freundin der Urwahl und würde vieles dafür tun, dass das Prinzip nicht aufgegeben wird.
Sie sind Landesbeauftragte für Frauen des Landes Bremen. Gibt es eine Frauenquote bei der Listenaufstellung?
Die jetzige Bundesregierung wollte diese eigentlich in der letzten Legislaturperiode umsetzen. Sie steht im Koalitionsvertrag und wurde auch von den damaligen Bundeswahlbeauftragten als Ziel formuliert. In der Realität sieht das leider noch nicht so aus. Im jetzigen Verwaltungsrat der Barmer sind von 30 Mitgliedern nur 7 Frauen. Bei den anderen sieht es nicht besser aus. Das muss sich endlich ändern.
InterviewLorenz Horn
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