Eisernes Schweigen

Extremismus In München steht André E. als angeklagter NSU-Helfer vor Gericht, in Zwickau wird er nun verurteilt: Er hat einen Jugendlichen verprügelt

Ein älteres Bild, derselbe Angeklagte: André E. 2014 beim NSU-Prozess in München Foto: Peter Kneffel/picture alliance

Aus Zwickau Konrad Litschko

André E. bleibt sich treu. Kein Wort sagt er zu der Anklage, die der Staatsanwalt im Amtsgericht Zwickau verliest, keine Frage beantwortet er. „Das letzte Wort haben Sie“, sagt Richter Andreas Nahrendorf schließlich. Wieder schüttelt E. den Kopf. Eisernes Schweigen.

Seit 364 Prozesstagen steht André E. in München vor Gericht, als Angeklagter im NSU-Prozess. Das hielt ihn nicht davon ab, sich auch anderswo Ärger einzuhandeln. Am Montag wurde der 37-Jährige nun in seiner Heimatstadt Zwickau verurteilt: Zu einer Geldstrafe von 676 Euro wegen Körperverletzung und Bedrohung.

Sein Opfer Erik E. sitzt ihm am Montag gegenüber. Im Mai 2016 sei er mit André E.s Sohn in Streit geraten, berichtet der 19-Jährige. Er habe hier nichts zu suchen, habe der vier Jahre Jüngere ihn bedroht. Darauf habe er den Sohn geschubst. Über eine gemeinsame Bekannte habe André E. ihn dann zu einem Parkhaus bestellt – und sofort auf ihn eingeprügelt. Zehn Mal soll er mit Fäusten gegen den Kopf des Jugendlichen geschlagen, mehrmals gegen dessen Rippen getreten haben. Am Ende habe er gedroht: „Wenn du meinen Sohn nochmal anfasst, mache ich dich tot.“

André E. verfolgt die Ausführungen ausdruckslos. Staatsanwalt Jörg Rzehak spricht von einer „ungewöhnlichen Situation“. Ursprünglich hatte er es mit einem Strafbefehl von 600 Euro bewenden lassen wollen, ohne Verhandlung. André E. aber widersprach – ohne kundzutun, warum.

„Wenn du meinen Sohn nochmal ­anfasst, mache ich dich tot“

Richter Nahrendorf sieht die Tat ausreichend bewiesen. Der Zeuge sei glaubwürdig, dessen Verletzungen über ein Attest nachgewiesen. „Die Einwirkungen waren durchaus massiv“, sagt Nahrendorf. Mit den verhängten 676 Euro Strafe für den arbeitslosen André E. bleibt er unter den 1.040 Euro, die die Staatsanwaltschaft forderte. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

André E. droht nun im Münchner NSU-Prozess schon bald die nächste Strafe. Lange hielt er Kontakt zum NSU-Trio, das elf Jahre in Zwickau lebte. Schon im ersten Unterschlupf, in Chemnitz, hatte E. Beate Zschä­pe, Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt eine Wohnung vermittelt. Später besorgte er Bahncards und mietete Wohnmobile für einen Anschlag in Köln und zwei Banküberfälle. Die Bundesanwaltschaft wirft E. Unterstützung einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zum versuchten Mord vor. Wann André E. im NSU-Prozess sein Urteil erwartet, ist unklar. Allzu lang aber dürfte es nicht mehr dauern: In dem Verfahren ist die letzte Frist für Anträge verstrichen, bald sollen die Plädoyers beginnen.