Mehr Merkel wagen – auch im Freistaat Bayern

UNION Ex-CSU-Chef Theo Waigel will mit einem neu gegründeten Fanclub die Kanzlerin stützen

Theo Waigel Foto: Boness/Ipon

MÜNCHEN taz | Die Frage, die sich an diesem Morgen unwillkürlich aufdrängt, ist, was wohl bezeichnender ist: die beeindruckende Garde der Altvorderen der CSU, die sich hier versammelt hat, um Kanzlerin Angela Merkel ihrer Unterstützung zu versichern, oder die geschlossene Abwesenheit der aktiven CSU-Spitze.

Doch Theo Waigel, Ex-CSU-Chef, Ex-Bundesminister und Initiator dieses ungewöhnlichen Kanzlerinnenfanclubs, wiegelt ab: Er habe bewusst keine aktiven Politiker für die Aktion angeworben, weil er dann sofort gefragt worden wäre, warum dieser ­Politiker dabei sei und jener nicht.

Das Argument überzeugt natürlich nur mittelmäßig. Denn zum einen gilt selbiges auch für den Veteranenclub – wo etwa bleibt Edmund Stoiber? –, zum anderen sind derlei Eifersüchteleien unter CSU-Politikern eher unwahrscheinlich. Und so ganz stimmt das mit den Aktiven auch nicht, denn die beiden zu Waigels Rechten, Gabriele Bauer und Erwin Huber, haben ihr Karriereende noch vor sich: Bauer ist Oberbürgermeisterin von Rosenheim, Huber noch immer ein umtriebiger Landtagsabgeordneter.

Nun gut, man will nicht kleinlich sein, das Wichtigste ist, dass alle wahlberechtigt und geschäftsfähig sind, wie Waigel feststellt, und zu seiner Linken haben sich denn auch zwei wirkliche Grandseigneurs der Partei eingefunden: Hans Maier, einst Kultusminister unter Franz Josef Strauß, und Alois Glück, langjähriger CSU-Fraktionsvorsitzender.

Und obwohl es die üblichen Verdächtigen sind, die für die Kanzlerin werben, ziehen sie die Aufmerksamkeit auf sich. In dem kleinen Raum des Münchner Presseclubs drängen sich die Besucher, drei Fernsehkameras haben sich postiert. So ganz selbstverständlich scheint es nicht zu sein, wenn sich CSUler für Merkel aussprechen.

Die Idee für die Kampagne sei ihm schon vor Monaten gekommen, erzählt Waigel. Als in Umfragen noch 40 Prozent der CSU-Wähler bekundet hätten, sie hätten bei dem Gedanken Bauchschmerzen, mit ihrer Stimme Merkel zu unterstützen. Da habe er gegensteuern wollen und Mitstreiter gesucht. Das Ziel der Gruppe: „Manche Leute, die vielleicht Orientierungsprobleme haben“ (Huber), von der Notwendigkeit einer Kanzlerin Merkel zu überzeugen, und zugleich andere, die gern Merkel, aber eben nicht die Seehofer’sche CSU wählen wollen, „vor dem Umziehen bewahren“ (Waigel). Ein Spagat, aber „die CSU ist geübt in dialektischen Aspekten“ (Glück).

Die CSU mag ­Pfarrerstöchter und ist auch für Frauen in der Politik

Die Liste der Pro-Merkel-Argumente, die die fünf aufführen, ist lang – nicht zuletzt, weil sich dank Maier auch solche darunter finden: „Ich mag Pfarrerstöchter.“ Oder: „Ohne Frauen ist kein Staat zu machen.“ Aber auch politische Gründe fehlen nicht: Deutschland habe unter Merkel die Krise so gut gemeistert wie kein anderes Land. Die Kanzlerin stehe für Verlässlichkeit, sei ein Stabilitätsfaktor für Deutschland und Europa. Erwin Huber bemüht eine „niederbayerische Weisheit“: Merkel sei „simply the best“.

Wichtig sei es nun, sich hinter der Kanzlerin zu scharen, denn sicher sei ein Sieg bei der Bundestagswahl keineswegs, auch wenn es nach den Landtagswahlen 3:0 stehe. Aber Waigel erinnert sich an ein Spiel aus seiner aktiven Zeit – als Fußballer. Damals, er spielte in der Mannschaft der Oberrealschule Krumbach, hätten sie auch mal 3:0 vorne gelegen – und dann verloren. Das Ereignis habe ihn nachhaltig traumatisiert.Dominik Baur