Krautrock wummert motorisch Zuversicht

KonzertFlankiert von Liedern und Leiden gaben am Mittwoch Das Tier am Wasserloch im Schokoladen ihr Debüt

Spaß: ist schon mal nicht die schlechteste Herangehensweise an Musik

Der Name der Band ist natürlich schon einmal toll: Das Tier am Wasserloch, so hat sie sich genannt. Das klingt bereits nach was, bevor man überhaupt den ersten Ton von dieser neuen Berliner Band gehört hat. Das macht neugierig. Das schmeckt nach einer Seltsamkeit. Das Tier am Wasserloch. Schön.

Kein Zufall auch, dass diese Band mit dem seltsamen Namen ihren Auftritt im Schokoladen in Mitte hatte. Weil der ja der Ort ist, an dem man eigentlich immer einfach so reinstolpern kann, um dort dann gegen ziemlich kleines Geld eine Musik zu hören, die sich selten um aktuelle Modetrends kümmern will. Stattdessen hört man im Schokoladen beim Rock oft das Verschrobene, die Seltsamkeiten. Manchmal Abseitiges. Schillernde Blüten des Underground.

Vor allem aber hört man dort meistens eine Musik, die auf der Bühne zuallererst deswegen gemacht wird, weil man auch einen Spaß dabei hat.

Was schon mal nicht die schlechteste Herangehensweise an Musik ist, die im Schokoladen gern auch an einem Abend in die unterschiedlichsten Richtungen ausschwärmen darf.

Am Mittwoch hörte man zuerst mit dem in Berlin lebenden, aus Wales kommenden Robert Lee Fardoe einen Singer/Songwriter, bei dem man durchaus auch an der Straßenecke kurz mal stehengeblieben wäre für ein paar Lieder. Zum Schluss des Abends gab es mit den prinzipiell von Maurizio Vitale betriebenen Lolita Terrorist Sounds eine Existentialimus spielende Séance mit viel Getrommel. Beschworen werden sollte bei diesem sich windenden Rockschamanentum wohl Jim Morrison und wahrscheinlich der Nick Cave der frühen Bad-Seeds-Tage dazu.

Zwischen die Lieder und das existentialistische Leiden geklemmt dann auch Das Tier am Wasserloch. Die gönnten sich zum Einstieg ihren Spaß mit einem lang ausschweifenden Grooverock, wie er so ähnlich in den westdeutschen Mittsiebzigern in jedem zweiten Probekeller gemacht wurde.

Aber wenn auch die Mitglieder der frischen, erst seit einigen Monaten zusammenarbeitenden Band – im Schokoladen hatte das Quartett seinen ersten Auftritt überhaupt – die Siebziger noch aus eigener Anschauung kennen müssten: Musikalisch einfach nur mal alten Zeiten hinterhertrauern, das wollte man da keineswegs.

Ziemlich tricky wechselte man stattdessen die musikalische Anmutungen und damit auch Zeitenfolgen durch, chamäleongleich, ohne dabei groß was am musikalischen Prinzip zu ändern mit seiner Betonung auf den durchlaufenden Rhythmus und dem melodischen Understatement. Mit Wave-Unterkühltheiten änderte sich die Farbigkeit, eine Wegstrecke weiter hörte man die stoische Motorik des Postrock, im nächsten Track war es ein – das Melodische nur noch ein klein wenig heruntergedimmt – Dancefloor-Minimalismus, der hier halt mit einem Rockinstrumentarium durchgespielt wurde.

Und dann wieder ging es weit zurück, mit so Wegweisern wie Can oder Neu! im Blick, und Das Tier am Wasserloch bretterte stur über die Krautrock-Autobahn.

Aber das, der Krautrock, ist ja seit einigen Jahren wieder das Ding, mit dem man durchaus zuversichtlich im motorischen Wummern in die Zukunft blicken darf.

Die Band hatte dabei im Schokoladen sichtlich ihren Spaß. Das Publikum gleichfalls. Man kann sich den Namen schon mal merken. Das Tier am Wasserloch. Klingt ja auch wirklich hübsch. Thomas Mauch