TNT belastet Plattfisch

sprengstoff Auf dem Grund von Nord- und Ostsee liegen alte Kampfstoffe. Experten warnen nun, dass sie die Umwelt doch stärker belasten als bisher angenommen

Die von alten Kampfmitteln auf dem Grund von Ost- und Nordsee ausgehende Gefahr für die Umwelt könnte größer sein als bisher vermutet. Bei Untersuchungen des Plattfisches Kliesche am Rande der mit alten Kampfstoffen belasteten Kolberger Heide in der Kieler Außenförde wurde eine 25-prozentige Rate von Lebertumoren festgestellt, sagte Ulrike Kammann vom Hamburger Thünen-Institut für Fischereiökologie am Montag bei einer Konferenz für Ostseeforschung. In drei Vergleichsgebieten in der Ostsee habe die Tumor-Rate bei unter fünf Prozent gelegen.

In Ost- und Nordsee wurden nach den Weltkriegen Schätzungen zufolge etwa 1,6 Millionen Tonnen konventionelle und 220.000 Tonnen chemische Kampfmittel versenkt, darunter auch in der Kolberger Heide. In den vergangenen Jahrzehnten habe sich ihr Zustand durch Rost teils dramatisch verschlechtert, das TNT gelangt bereits in kleineren Mengen in die Umwelt.

Im Verdacht, die Tumore zu verursachen, steht der Sprengstoff TNT beziehungsweise seine Abbauprodukte. Im Labor sei die Giftigkeit des TNT bereits nachgewiesen worden. Bei Fischembryonen seien Missbildungen bei Wirbelsäulen aufgetreten. In weiteren Versuchen sollen nun gesunde Kliesches in der Kolberger Heide untersucht werden. Sie werden dort einige Wochen lang in Netzkäfigen gehalten. Diese Zeit sei zwar zu kurz, um Lebertumore auszubilden, es könnten aber möglicherweise Vorstufen entdeckt werden.

Claus Böttcher vom Kieler Umweltministerium warnte aber davor, Kampfmittel als alleinigen Grund der Tumorbelastungen bei Fischen zu sehen. „Wir haben im Meer eine gigantische Belastung aus verschiedenen Quellen mit Chemikalien oder Schwermetallen.“ Positiv sei, dass die meisten Bomben und Granaten geschlossen sind. „Wir haben bestimmt noch 30 Jahre, in denen wir in Ruhe mit dieser Belastung umgehen können.“ (dpa)