Protestmarsch in Tirana

Albanien Zehntausende Anhänger der oppositionellen Demokraten fordernden Rücktritt der Regierung. Der Wahltermin am 18. Juni soll verschoben werden

Anhänger der Demokraten demonstrieren vor dem Amtssitz von Edi Rama Foto: Foto:Florian Goga/reuters

von Erich Rathfelder

SPLIT taz | Zehntausende Menschen haben am Samstag im Zentrum der albanischen Hauptstadt Tirana demonstriert. Sie forderten den Rücktritt des amtierenden sozialistischen Regierungschefs Edi Rama als Bedingung für die Teilnahme der Opposition an den Parlamentswahlen am 18. Juni. „Eine Übergangsregierung ist die einzige Voraussetzung, um freie und ehrliche Wahlen zu gewährleisten“, sagte der Vorsitzende der Demokratischen Partei, Lulzim Basha.

Die Opposition befürchtet, dass die Regierung die Massenmedien und den Staatsapparat für ihre Wahlkampagne einspannen könnte. In der Vergangenheit hatte die jeweils regierende Partei immer versucht, genau dies zu tun. Vor allem der ehemalige Führer der Demokratischen Partei und langjährige Präsident des Landes, Sali Berisha, soll während seiner Amtszeit von 2005 bis 2013 den Staatsapparat ungeniert für das Parteiwohl eingespannt haben. Die Anhänger der Demokratischen Partei befürchten nun ein ähnliches Verhalten von Edi Rama und den Sozialisten und verlangen deshalb die Bildung einer „technischen“ Regierung, um die Wahlen zu organisieren.

Basha und seine Partei boykottieren die Parlamentsarbeit seit Ende Februar. Rama-Gegner haben seitdem auch ein Zelt vor dem Regierungsgebäude aufgebaut. Sie werfen Rama unter anderem vor, die Verbreitung und den Konsum von Drogen zuzulassen. Informationen der Opposition über angebliche Anbauflächen in den Bergen erwiesen sich nach Medienberichten größtenteils als Fake News.

Seit dem 24. April blockieren mehrere tausend Anhänger der Demokratischen Partei immer wieder zahlreiche Autobahnen und Straßen. Regierungschef Edi Rama will an dem Wahltermin, dem 18. Juni, festhalten. Dabei hat er auch die Rückendeckung der meisten europäischen Botschaften und der EU-Diplomaten. Ende des Jahres sollen die Verhandlungen über einen Beitritt des Landes zur EU beginnen. Bis dahin müssen noch von Brüssel geforderte Reformen eingeleitet werden.

Seit Ende Februar boykottieren die Demokraten die Parlamentsarbeit

Rama hat dafür die Weichen gestellt. Deshalb warf er der Opposition vor, ihr gehe es darum, „die Justizreform zu blockieren“. Im Justizapparat sitzen viele Anhänger der Opposition, die während der Berisha-Zeit angestellt worden waren. Eine Verschlankung der Justiz und Ermittlungen zur Korruption würden also vor allem die Parteigänger der Demokraten treffen.

Um die Wahlen zu gewinnen, versucht Rama offenbar auch nationalistische Positionen einzunehmen. Gegenüber dem Portal Politic“ erklärte Rama, falls die EU auseinanderfiele und damit das Versprechen der Integration der von Albanern bewohnten Länder Albanien und Kosovo hinfällig wäre, müsste über Alternativen nachgedacht werden. „Die Vereinigung Albaniens mit Kosovo ist eine Alternative zur geschlossenen EU-Tür“, sagte er und löste damit heftige Reaktionen in Serbien aus. Serbien sieht Kosovo immer noch als Teil des eigenen Staatsgebietes an.