Berlinmusik
: Schleifen und Schweben

Beim Loop denkt man ja meistens an elektronisch erzeugte Schleifen. Musikschnipsel, die von Geräten aufgezeichnet und endlos repetiert werden. Dass dem gar nicht so sein muss, führt das Trio Trophies in seinen Konzerten und auf seinen Schallplatten sehr schön anschaulich vor. Alessandro Bosetti tut das vornehmlich mit seiner Stimme, Kenta Nagai macht es an der Gitarre, oft parallel zu Bosettis Sprechgesang, und Tony Buck kreiselt am Schlagzeug drumherum. Worte werden wiederholt, Melodiefetzen, Trommelrauschen.

Bisher ähnelten die Schallplattenaufnahmen von Trophies in der Herangehensweise ihren Auftritten: Man ging ins Studio und spielte alles möglichst rasch ein. Auf ihrem aktuellen Album „A Family of Three (Band Photo)“ änderten sie diese Strategie. Sammelten über mehrere Jahre hinweg einzelne Aufzeichnungen, die nach und nach montiert wurden. Was auch damit zu tun haben könnte, dass nach Bosettis Umzug von Berlin nach Marseille nur noch Tony Buck hier in der Stadt wohnt – Nagai lebt in New York.

Die größte musikalische Änderung im Vergleich zu früher ist Bosettis verstärkter Einsatz von elektronischen Klängen, die gelegentlich sogar auf seine Stimme übergreifen. Im ersten Stück „Cautiosly“ etwa spricht er zunächst einen Monolog, den er dann bis zur Unkenntlichkeit – und Unheimlichkeit – verfremdet. In „Problem“ spricht er wieder und wieder die bekenntnisartigen Worte: „My biggest problem right now is Italy / Because I love it and I hate it at the same time“, wobei er den Text sowohl auf Englisch als auch auf Italienisch rezitiert, wie um die Zerrissenheit seiner Gemütslage zu unterstreichen. Auch ansonsten scheint sich die allgemeine Witterung eingetrübt zu haben, Bosettis gern mal komischer Sprachkunst zum Trotz. Die kann sich aber bei Blitz und Donner genauso gut behaupten.

Luftiger und leichter geht es bei MIR8 zu, einem neuen Quartett von Musikern aus dem Berliner Echtzeitmusik-Umfeld. Der Schlagzeuger Andrea Belfi, Bassist Werner Dafeldecker, Hilary Jeffery an der Posaune und der Elektroniker Tim Wright begeben sich auf ihrem Debütalbum „Perihelion“ auf Entdeckungsreise im Orbit. Und finden dazu genau die richtige räumliche Weite für ihre behutsam ausholenden Melodien, leicht diffus schwebenden Drones und die pulsierende Rhythmik als kosmische Hintergrundstrahlung. Mit diesen Herren lässt sich auf interplanetare Expedition gehen. Tim Caspar Boehme

Trophies: „A Family of Three (Band Photo)“ (Unsound)

MIR8: „Perihelion“ (Shhpuma)