Das Ding, das kommt
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Hörner am Kopf, nicht Fühler: Der Hamburg-Berliner Pianist Lambert trägt bei Auftritten stets eine Maske Foto: Mercury KX

Zurückgezogen hinter Leder

Ob es einen Zusammenhang gibt mit der Rückkehr all der wilhelminischen Vornamen vor allem, aber nicht nur, in hippen Großstadtquartieren? Nicht ganz so lange, wie all die Charlottes und Friedrichs über die Spielplätze toben, ist ja auch eine Rückkehr der Klaviermusik zu beobachten. Nicht irgendwelcher Klaviermusik, denn ganz weg war das Instrument nun wirklich nie (anders als manche seiner nahen Verwandten). Die Rede ist von einer Spielart der … tja, Plattenfirmenaußendienstler sprächen da vielleicht von Neoklassik: eine langsam-getragene, gern als introvertiert gelesene Instrumentalmusik aus Klavier und allenfalls mehr oder minder subtil verwobenem Elektronischen.

Diese deutlich mehr neoromantische als -klassische Musik, auch darauf wiese vielleicht der Plattenfirmenaußendienstler hin, will nun in hippe Klubs mindestens so sehr wie dahin, wo das Klassikpublikum zuhört. Nils Frahm und das Erased-Tapes-Label sind Eckpunkte, Max Richter, auch der Düsseldorfer Saitenpräparateur Hauschka lässt sich in der Umgebung einsortieren.

Frahm wiederum, der seine Musik inzwischen auch als Notenheft vertreibt, hat prompt auch die Finger im Spiel bei Lambert, einem inzwischen nach Berlin gezogenen Hamburger Pianisten. Der heißt eigentlich anders, macht aber eben darum, seine Identität also, die Art von Bohei, die – ein letzte Mal – den Plattenfirmenaußendienstler freut: Lambert nämlich, von dem die Kunde geht, er sehe eigentlich ganz normal aus, der also nichts zu verstecken hätte, tritt durchweg maskiert auf.

Damit reiht er sich natürlich ein in eine gewisse Tradition, die mindestens zurückführt bis zu den Residents, jenen kalifornischen Avantgardevögeln mit den Augäpfeln auf dem Kopf. Wo die aber, ganz Kinder der 1960er-Jahre, von Pop-Art und Folgendem das Authentische aufzulösen suchten, ist die Maske bei Lambert so kunsthandwerklich gediegen, wie seine Musik, tja, schön ist: eine Stiermaske von der Insel Sardinien – da, wo Charlotte und Friedrich mit ihren Eltern so gerne Urlaub machen. ALDI

Lambert live: Do, 18. 5, 21 Uhr, Hamburg, Resonanzraum; 23. 12., 20 Uhr, Hamburg, Elbphilharmonie