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PorträtDer Fairness-Grenzgänger

Rustikale Spielweise: Rene Toft Hansen vom THW Kiel Foto: dpa

Gelbe und Rote Karten sind aus dem Fußball bekannt. Im Hockey gibt es noch Grüne Karten. Und im Handball wurde das Repertoire der Sanktionsmöglichkeiten für die Schiedsrichter am 1. Juli 2016 um die Blaue Karte erweitert. Die Internationale Handball Föderation hatte sie eingeführt, um besonders schwere Fouls wie zum Beispiel Tätlichkeiten und grob unsportliche Vergehen wirksamer zu bestrafen. Sieht ein Spieler die Rote Karte, können die Schiedsrichter zusätzlich die Blaue Karte ziehen – und leiten damit ein Disziplinarverfahren ein. Es ist keine allzu große Überraschung, dass sich das Thema Blaue Karte in der vergangenen Woche um Rene Toft Hansen vom deutschen Handball-Rekordmeister THW Kiel entspann.

Der 32 Jahre alte Däne ist ein Grenzgänger in Sachen Fairness. Immer wieder eckt der 2,01-Meter-Mann mit seiner rustikalen Spielweise an. Im Viertel­final-Hinspiel der Champions League gegen den FC Barcelona (28:26) sah Toft Hansen nach einer Abwehraktion gegen den Ex-Kieler Jael Wallouz die Rote und die Blaue Karte. So hart er aber in der Partie auch agierte, in jener Szene war nicht er der Hauptschuldige, sondern Teamkollege Blazenko Lackovic. Und so entschied die Disziplinarkommission der Europäischen Handballföderation, dass Toft Hansen für das Rückspiel in Barcelona nicht gesperrt wird.

Der Europameister von 2012 und Olympiasieger von 2016 war also am Sonnabend im Palau Blaugrana dabei. Zu einem Kieler Triumph führte Toft Hansens Mitwirken aber nicht. Kiel verlor mit 18:23 (9:13) beim FC Barcelona – und verpasste das Final Four in Köln (3./4. Juni). Toft Hansen sah dieses Mal keine Rote Karte. Das war nicht immer so in den vergangenen Wochen. Im Viertelfinal-Rückspiel der Champions League bei den Rhein-Neckar Löwen etwa war für den Dänen nach gerade einmal sechs Minuten Schluss. Nach knallharter Abwehraktion gegen Alexander Petersson sah er zu Recht Rot.

Sein Image wird er in den letzten Jahren seiner Karriere kaum noch ins Positive drehen können – es gab zu oft un schöne Aktionen. In einem Testspiel (!) vor der im Januar ausgetragenen WM rang er in der 48. Spielminute mit seinem Gegenspieler Bence Banhidi um eine gute Position am Kreis. Plötzlich fiel Toft Hansen zu Boden – er täuschte eine Tätlichkeit des Ungarn Banhidi vor. Die Schiedsrichter fielen auf die Schauspieleinlage herein und zeigten Banhidi die Rote Karte.

Die THW-Fans schätzen Toft Hansen für seinen Einsatz – etwa beim Gewinn des DHB-Pokals vor wenigen Wochen. Mindestens noch ein gutes Jahr wird der Däne mit seiner Spielweise polarisieren. So lange läuft sein Vertrag beim THW. GÖR

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