SPRACHRÄUME

Ein überzeugendes Auftreten und eine gehörige Portion Charme gehören zur Grundausstattung des Hochstaplers. Der in diesem Fall wahnwitzige Ölgeschäfte mit einem Bankier tätigt ohne je einen Tropfen gefördert zu haben. Allein die – durch einen altehrwürdigen Adelstitel untermauerte Behauptung, es gebe den dickflüssigen Rohstoff, reicht vielen, um in ein rasantes Geschäfte-Karussell einzusteigen und das Portemonnaie zu zücken. Im Stück „Aus der Luft gegriffen oder die Geschäfte des Baron Laborde“ setzt Regisseurin Lydia Spiekermann einen Kreis von Egomanen und Egoistinnen in Szene, die auf ihre Vorteile setzen und sich von allen ethischen Wertmaßstäben für den „guten“ Menschen verabschiedet haben. Dabei greift sie auf einen Text von Hermann Broch zurück, der sich als literarischer Gesellschaftsanalyst in den zwanziger und dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts einen Namen gemacht und unter anderem Elias Canetti und Michel Foucault inspiriert hat. Fr, 23. 11. (Premiere), Do, 29. 11., jeweils 20 Uhr, Sprechwerk, Klaus-Groth-Straße 23

Was soll man hiervon halten? Ratgeberliteratur auf der Bühne? Gemessen an Verkaufszahlen und Präsenz in Floskeln zur Lebensbewältigung hat der Stoff durchaus Theaterrelevanz. Selbstredend kommen hier noch ein Augenzwinkern hinzu und ein Thema, das alle quält, Schuldgefühle antreibt und menschliche Abgründe offenbart: Das Aufschieben von Dingen und ihre Dokumentation auf seitenlangen „To Do“-Listen. In Anlehnung an den prominenten Zeitmanagement-Ratgeber des unternehmerischen Punk-Nerds Sascha Lobo und der Autorin Kathrin Passig, in dem das Aufschieben zur Lebenskunst erhoben wird, erkundet Johan Heß in „Dinge geregelt kriegen. Heute lieber nicht“ mit einer Amateur-Schauspielgruppe den Umgang mit all den eigentlich unaufschiebbaren Dingen – und entsprechend ständig imaginierten Weltuntergängen. Sa, 17.11., Do, 22.11., jeweils 20.15 Uhr, So, 18.11., 19 Uhr, Lichthof, Mendelssohnstraße 15b

Jede Stadt tickt auf ihre eigene Weise und produziert typische Klanglandschaften und Rhythmen wie das metallene Hammer-Geräusch, das Tag und Nacht von den Schiffswerften über die Elbe drängt. Welche urbane Musiken es noch zu hören und zu entdecken gilt, erforscht Franz Mühlenberg in seiner One-Man-Show „Dann erfinde ich mich eben neu …“ und entwirft kleine Szenen, die einen frischen Blick und ein offenes Ohr auf die Stadt eröffnen. So, 18.11., 19 Uhr, Zinnschmelze, Maurienstr. 19KENDRA ECKHORST