Steuersegen macht begehrlich

HAUSHALT Hohe Zuwächse lassen Geld auf Hamburg regnen. Doch der Senat spart weiter, schließlich lauern die HSH Nordbank und die Pensionslasten für Beamte als Risiken

Werden den Stadtstaat noch eine Stange Geld kosten: PensionärInnen Foto: Arno Burgi/dpa

von Marco Carini

Sein Job, sagt Finanzsenator Peter Tschentscher (SPD), sei immer dann am anstrengendsten, wenn die Steuereinnahmen nur so sprudelten. Dann würden die Begehrlichkeiten wachsen und alle an das Portemonnaie der Stadt wollen. Im Moment ist es für Tschentscher besonders anstrengend: Die gestern veröffentlichte Mai-Steuerschätzung sieht für Hamburg Steuermehreinnahmen in Rekordhöhe vor. Stimmt die Prognose, nimmt Hamburg bis 2020 rund 3,4 Milliarden Euro mehr ein, als die Finanzplanung es vorsieht.

Die Mehrerträge pro Jahr liegen zwischen 690 Millionen Euro im kommenden Jahr und über einer Milliarde Euro 2020. Und die werden, so machte Tschent­scher klar, „nicht in weitere Ausgabeprogramme fließen“, sondern ganz und gar für die Schuldentilgung zur Verfügung stehen. Denn da lauern noch zwei milliardenschwere Haushaltsrisiken, die in den kommenden Jahren auf Hamburg zukommen und die Zusatzkohle mehr als auffressen werden: der Verkauf der HSH Nordbank und die explodierenden Kosten für die Pension der Hamburger Beamten.

Bei der HSH Nordbank wusste Tschentscher, der „keine Details nennen“ darf, frohe Kunde zu verbreiten. Es gebe für die Bank eine „ausreichend hohe Zahl an ernsthaften Interessenten“, die Verhandlungen liefen „besser als erwartet“ und alles sehe „sehr positiv aus“. Zu den mindestens fünf Bietern gehören dem Vernehmen nach die chinesische Firmengruppe HNA und der US-amerikanische Finanzinvestor Apollo.

Sollte es gelingen, die Bank im kommenden Jahr zu veräußern, wäre Hamburg aus der sogenannten Gewährträgerhaftung raus, einer Art staatlicher Bürgschaft, die die Stadt derzeit noch bis zu knapp drei Milliarden Euro kosten kann. Allerdings kommen auch dann auf Hamburg und Schleswig-Holstein noch weitere Milliardenzahlungen zu, die größer sind als der nun prognostizierte Haushaltsüberschuss.

Die Steuereinnahmen sollen von 11,8 Milliarden Euro 2016 bis auf 12,5 Milliarden 2021 steigen: insgesamt 3,4 Milliarden Euro mehr als eingeplant.

Großen Anteil an dem Plus haben die Zuwächse bei der Einkommens-, Lohn- und Umsatzsteuer, mit jährlichen Zuwachsraten von zwei bis 6,5 Prozent.

Weil die Konjunktur einbrechen könnte, arbeitet die Koalition mit „Vorsichtsabschlägen“: Sie gibt weniger aus als die erwarteten Einnahmen.

Ein weiteres Problem sind die wachsenden Beamtenpensionen. Die Ruhegelder, die die Stadt ihren Beamten und Angestellten zahlen muss, werden bis 2030 von heute rund 1,2 auf rund zwei Milliarden Euro, vielleicht sogar noch etwas mehr, steigen. Die zusätzlichen Rückstellungen, die dafür gebildet werden müssen, gehen in die Milliarden. „Die Überschüsse reichen noch nicht aus, um das zu decken“, warnt Tschentscher.

Von Steuersenkungen, wie sie derzeit landab, landauf diskutiert werden, hält der Senator wenig. Jede Diskussion darüber erübrige sich umso mehr, da Tschentscher davon ausgeht, dass die seit der Finanzmarktkrise boomende Konjunktur nicht ewig dauern kann.

Die oppositionelle CDU-Bürgerschaftsfraktion hingegen sieht Spielräume für eine „spürbare Steuerentlastung“. Jetzt sei der Zeitpunkt, „um die Hamburger zu entlasten“, findet auch die AfD. Die Grünen fordern Investitionen in die öffentliche Infrastruktur und Bildung, der DGB verlangt, die Mehreinnahmen in Straßen, Brücken, Schulen und soziale Einrichtungen zu investieren.