Geschäfte mit Flüchtlingsunterbringung: Gefeuert, aber voll
Der Berliner Senat hat dem umstrittenen Flüchtlingsheimbetreiber Pewobe bereits 2016 gekündigt. Doch dessen Nachfolgefirma verdient weiter Geld mit Geflüchteten – über die Bezirke.
Ermittlungen wegen mutmaßlichen Abrechnungsbetrugs in Millionenhöhe, Vorwürfe über Baumängel, zu wenig und unqualifiziertes Fachpersonal und dann auch noch rassistische Äußerungen von Führungskräften: Das war selbst dem damaligen Sozialsenator Mario Czaja (CDU) zu viel. Vergangenen Herbst kündigte Czaja alle Verträge des Landes mit dem Flüchtlingsheimbetreiber Pewobe. Seine Nachfolgerin Elke Breitenbach (Linke) betrieb die Kündigungen gegen die inzwischen in „Berlin Castle Betreuung und Begleitung GmbH“ umbenannte Firma juristisch weiter. Doch die verdient trotzdem weiterhin Geld mit der Unterbringung von Flüchtlingen.
Zwar schickt das Land keine Asylbewerber mehr in Heime der umstrittenen Betreiberfirma. Dafür wohnen dort jetzt anerkannte Flüchtlinge. Denn für deren Unterbringung sind die Bezirke zuständig – und die scheinen keine Bedenken zu haben, Geflüchtete in Heime einzuweisen, deren Personal in Mails über die Anschaffung einer Kinderguillotine und „maximal Pigmentierte“ schwadronierte. Und: Nach Angaben der Senatssozialverwaltung sind die umstrittenen Mitarbeiterinnen der Pewobe bei Berlin Castle immer noch aktiv.
Zwei der ehemaligen Pewobe-Heime betreibt das Land Berlin inzwischen selber. Vier weitere haben gemeinnützige Betreiber erhalten. In drei Fällen gelang es dem Land allerdings nicht, Berlin Castle herauszudrängen. Das sind die Unterkünfte in der Bühring- und der Scharnweberstraße sowie am Schöneberger Ufer.
Die dortigen Eigentümer, so Karin Rietz, Sprecherin der Sozialverwaltung, hätten einer Übernahme des Mietverhältnisses durch das Land nicht zugestimmt und stehen weiterhin in einem Vertragsverhältnis zu Berlin Castle.
„Keine Qualitätsmängel“
Ephraim Gothe (SPD), Sozialstadtrat von Mitte, sagt der taz, die Unterbringung der anerkannten Asylberechtigten, für die sein Bezirk zuständig ist, könne „ohne die Inanspruchnahme solcher Angebote nicht sichergestellt werden“. Zudem hätte ihm die Senatsverwaltung für Soziales bestätigt, „dass hier in keiner Weise Qualitätsmängel in der Bausubstanz, der Betreuung oder genehmigungspflichtige Defizite vorliegen. Eine vor Ort durchgeführte Begehung durch unsere Mitarbeiter hat den guten Eindruck bestätigt.“ Dem widerspricht Karin Rietz von der Senatssozialverwaltung: „Es lagen in den Unterkünften der Berlin Castle erhebliche Mängel vor, die zu der Kündigung durch das Land Berlin geführt haben“, sagt sie der taz.
Registrierte Flüchtlinge im Asylverfahren werden vom Land Berlin finanziell und mit Wohnraum versorgt. Wer das Asylverfahren mit einer Anerkennung beendet hat, wechselt dann in die Obhut der Jobcenter und damit in Sachen Unterbringung in die der Bezirke über.
Mangels freier Wohnungen bleiben die meisten Flüchtlinge nach ihrer Anerkennung dennoch zunächst in den gleichen Heimen, in denen sie zuvor gewohnt haben. Nur werden die Kosten eben nun nicht mehrvom Land, sondern vom Jobcenter übernommen. Denn anders als das Land haben die Bezirke keine eigenen Heime unter Vertrag. Sie sind zur Vermeidung von Obdachlosigkeit auf die Obdachlosenheime angewiesen, die auf dem Markt vorhanden sind. (mai)
Christian Lüder von der Organisation „Berlin hilft“ ist fassungslos. „Es kann doch nicht sein, dass Berlin mit der einen Hand fristlos kündigt und mit der anderen Hand so tut, als sei das nicht geschehen.“ Ihm lägen Informationen vor, dass die Bezirke zudem sogar deutlich mehr Geld für die Unterbringung zahlen als das Land. „Der Gewinner heißt also Pewobe beziehungsweise nun Berlin Castle.“ Seine Organisation habe mit drei betroffenen Bezirken gesprochen. „Die Antwort war, es gäbe zu wenig Unterbringungsplätze in Berlin. Aber damit geben wir uns nicht zufrieden. Wir bohren weiter.“
Auch Linke-Landeschefin Katina Schubert fordert die Bezirke auf, das Vertragsverhältnis mit Berlin Castle sofort zu beenden. „Bei allem Verständnis für die Probleme, Unterbringungsplätze zu finden: Diesem Betreiber kann man keine Menschen anvertrauen.“ Berlin Castle selbst reagierte nicht auf Anfragen der taz.
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