Nabu kritisiert „Wertewelt der 70er-Jahre“

Ökobilanz Nach zwei Jahren rot-grüner Regierung sieht der Naturschutzbund kaum eine Verbesserung in der Umweltpolitik: Es werde zu viel Fläche verbraucht und zu wenig für saubere Luft getan

Eine kritische Zwischenbilanz der Hamburger Natur- und Umweltschutzpolitik hat der Naturschutzbund (Nabu) nach zwei Jahren rot-grüner Regierung gezogen. Das Grün werde weniger und die Luft sei noch immer zu dreckig, sagt der Vorsitzende Alexander Porschke. „Und wer jetzt noch neue Autobahnen durch Hamburg plant, der lebt noch in der Wertewelt der 70er-Jahre“, findet der ehemalige grüne Umweltsenator.

Seit dem Amtsantritt des rot-grünen Senats am 15. April 2015 sei der Druck beim Grünflächen-Verbrauch noch einmal angestiegen, sagt Porschke. Hauptursache sei eine „bedrohliche Entwicklung“ im Wohnungsbau. Der Senat wolle Bauprojekte in Landschaftsschutzgebieten, in Landschaftsachsen und in stadtklimatisch wichtigen Grün­achsen sprießen lassen, kritisiert der Nabu-Chef. 67 Hektar würden jedes Jahr alleine für Wohnungen versiegelt: „Dieser Flächenfraß lässt Hamburg grauer werden“, warnt Porschke.

Beim Thema saubere Atemluft komme der Senat nur im Schneckentempo voran, das gelte sowohl für den Hafen wie auch den Straßenverkehr. Man dürfe nicht einfach „immer mehr Kreuzfahrtschiffe nach Hamburg locken“, sondern müsse dafür sorgen, dass diese die Gesundheit der BürgerInnen nicht gefährden, sagt Porschke.

Ablehnend steht der Nabu auch der geplanten Hafenquerspange durch den Süden Wilhelmsburgs und der Elbvertiefung gegenüber. Die Auto­bahntrasse sei besonders naturfeindlich, bei der Elbvertiefung würden die Auswirkungen auf die Natur „unterschätzt, kleingeredet oder ignoriert“, moniert Porschke. Der Nabu gehört zu den Klägern gegen das Vorhaben.

Doch es gebe auch Lichtblicke, räumt der Nabu ein, „bei Pflege und Unterhaltung von Hamburgs Naturschätzen“. Durch die Ausweisung des Naturschutzgebietes Allermöher Wiesen seien neue Lebensräume für bedrohte Wiesenvögel gesichert worden. Allerdings werde in unmittelbarer Nachbarschaft eine Grünfläche mit Wohnungen für bis zu 3.000 Menschen bebaut und daneben solle der neue Stadtteil Oberbillwerder mit bis zu 7.000 Wohnungen entstehen. „Wie dieses Nebeneinander von Natur- und Siedlungsraum funktionieren soll, ist die nächste große Aufgabe, die es zu lösen gilt“, mahnt Porschke.

Im Grundsatz aber sei das Fazit ernüchternd. „Umweltpolitische Zielvorgaben und Grenzwerte zu Luftreinhaltung, Gewässer- oder Klimaschutz scheinen Bürgermeister und Wirtschaftssenator als eher unverbindlich anzusehen. Dann müssen sie sich nicht wundern, wenn sie wiederholt vor Gericht abgemahnt werden“, kritisiert Porschke. Sven-Michael Veit