Ein zögerlicher Trainer

Nachfragen bleiben unerwünscht: Wer es sich mit Mirko Slomka verscherzen möchte, spricht ihn einfach direkt darauf an, warum er seinen auslaufenden Vertrag bei Hannover 96 immer noch nicht verlängert hat. Ein mutiger Mann mit einer Fernsehkamera auf der Schulter hat es am Samstag, gleich nach der 1:2-Heimniederlage der Niedersachsen gegen den SC Freiburg, erneut versucht. „Es gibt keinen neuen Stand“, sagte Slomka, der wirklich gerne Trainer in Hannover bleiben möchte, aber den entsprechenden Vertragsentwurf dazu noch nicht unterschreiben kann.

Der Karrieresprung, den der lange Zeit arbeitslose und schwer vermittelbare Slomka seit seinem Amtsantritt im Januar 2010 in Hannover hingelegt hat, verdient Applaus. Das Zögern und Hinhalten, das er sich seit Wochen erlaubt, eher weniger. Die Vereinsführung stößt sich an den nicht enden wollenden Vertragsverhandlungen. An Slomka dagegen, der auch die unangenehmsten Dinge charmant verkaufen kann, prallt der Ärger auf wundersame Weise ab. Zumindest eines ist ihm ganz besonders wichtig: Es soll bloß nicht der Eindruck entstehen, dass er ein Pokerspiel betreiben könnte.

Im Grunde ist die Konstellation bei Hannover 96 völlig verrückt. Präsident Martin Kind will sich von niemandem auf der Nase herumtanzen lassen und hat Slomka ein Ultimatum bis kurz vor Weihnachten gestellt. Geschäftsführer Jörg Schmadtke soll in seinem Auftrag die Verhandlungen mit Slomka und dessen Berater zum Abschluss bringen. Das Tauziehen um ein Ja-Wort eines Trainers zu seiner Lieblingsstadt und seinem Lieblingsverein ist eine Reiberei erster Güte. Trotzdem schafft es die Mannschaft, sich im oberen Drittel der Bundesligatabelle zu etablieren, das Achtelfinale im DFB-Pokal zu erreichen und die Gruppenphase der Europa League erneut zu überstehen.

Vielleicht sollten sie einfach bis zum allerletzten Spieltag weiterverhandeln. Die Fußball-Bundesliga ist schließlich kein Spielplatz für Harmoniebedürftige. Und wozu braucht eine Mannschaft, die die Mehrheit ihrer Aufgaben erfolgreich erledigt, eigentlich Planungssicherheit? Man müsste das alles nicht so ernst nehmen, wenn nicht offensichtlich wäre, wie es auch anders geht. Der loyale Schmadtke hat von Kind einen unbefristeten Arbeitsvertrag bekommen und kann sich seitdem darauf verlassen, dass er seinen Verein frei von Eitelkeiten zielstrebig weiterentwickelt. Dieses Miteinander ist im Profigeschäft ein seltenes, aber wunderbares Bekenntnis. Slomka, der beteuert, dass er sich bald für Hannover entscheiden werde, fällt ein solcher Treueschwur deutlich schwerer. CHRISTIAN OTTO