Einfach mal nach vorn

POST-POST-PUNK Von der Kritik zur Überwindung und zum Verlassen der Welt: „Die Goldenen Zitronen“ stellen heute Abend ihren neusten Streich „Die Entstehung der Nacht“ vor

Die „Zitronen“ manövrieren sich von der Kritik zur Skizzierung der Überwindung

VON ROBERT MATTHIES

Halt, Sicherheit und Beständigkeit haben die „Goldenen Zitronen“ auch im 25. Jahr ihres Bestehens nicht im Angebot. Paradoxerweise gerade, weil die sechs Herren über all die Jahre die Stellung gehalten haben: Kritische Bestandsaufnahme ist immer jetzt.

Das ist auch beim neusten Streich „Die Entstehung der Nacht“, den das Hamburger Sextett heute Abend vorstellt, nicht anders. Des Alltags Unannehmlichkeiten und ihre gesellschaftliche Reflexion – wie die Finanzkrise („Börsen crashen“), die hohlen identitären Versprechen sozialer Netzwerke („Positionen“), die heuchlerische Trauer über Jörg Haiders Tod („Lied Der Medienpartner“) oder der reaktionäre Eskapismus des Mainstream-Pops („Aber der Silbermond“) – werden lustvoll aufs Schaffott ätzender Ideologiekritik gelegt und vom Kamerun’schen Sprechgesang nach allen Regeln der Kunst seziert, während sich die prinzipielle Gleichberechtigung von Sprache und Klang musikalisch in gleichermaßen fragmentarischen Suchbewegungen ausdrückt. Eins ist dabei neu: Quer durch Postpunk, Krautrock, Reggae, Disco, Psychedelic, Neue Deutsche Welle und Electro manövrieren sich die „Zitronen“ von der Kritik zur Skizzierung der Überwindung. Um am Ende gemeinsam zu verkünden: „Wir verlassen die Erde“. Und damit das niemand falsch versteht: „Das ist ein Abschiedsgruß und kein Klingelton.“

■ Sa, 14. 11., 21 Uhr, Uebel & Gefährlich, Feldstraße 66, mit „Station 17“