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Der Miethai
: Grenzen des Eigenbedarfs

Sylvia Sonnemann ist Juristin beim Hamburger Verein Mieter helfen Mietern

Die Rechte von Mietern bei Eigenbedarf hat der Bundesgerichtshof (BGH) gestärkt. In zwei Urteilen vom 29. März 2017 hat das Gericht dem Ansprüchen der Vermieter Grenzen gesetzt. Sie können ihren Eigenbedarf nicht nur auf eine gewünschte gewerbliche Tätigkeit in der Wohnung des gekündigten Mieters stützen. Will der Vermieter die Wohnung ausschließlich zu geschäftlichen Zwecken nutzen, muss er nachweisen, dass der Fortbestand des Mietverhältnisses für ihn einen Nachteil von einigem Gewicht darstellt (Az. VIII ZR 45/16).

Im zweiten Fall ging es um eine Schadenersatzklage des Mieters gegen seinen Vermieter, weil dieser seinen behaupteten Eigenbedarf nach Auszug des Mieters nicht umsetzte. Hier befand der BGH, dass die unterbliebene Eigennutzung den Verdacht nahelege, dass der Eigenbedarf nur vorgetäuscht sei. Den Vermieter treffe daher eine besondere Darlegungslast. Er müsse plausibel und belegbar nachweisen, warum der Bedarf nachträglich entfallen sei (Az. VIII 300/15).

Mit diesen aus Mietersicht positiven Entscheidungen möchte man an eine Trendwende der BGH-Rechtsprechung zu dieser ansonsten zuletzt ausufernden Kündigungsmöglichkeit glauben. Denn über die Jahre hatte der BGH nicht nur dem Eigentümer selbst, sondern seiner Familie, seinem getrennt lebenden Ehegatten, später auch entfernteren Verwandten und sogar jedem Mitglied einer Eigentümergesellschaft das Recht auf Eigenbedarf zugesprochen.

Auch ein nur sporadischer Bedarf zum Beispiel für einen zeitweilig benötigten Altenpfleger oder als Treffpunkt eines Vaters mit seiner erwachsenen Tochter wurde als Bedarf bestätigt. Da es auf der anderen Seite um den sozialen Lebensmittelpunkt des Mieters und seiner Mitbewohner geht, sollte der Gesetzgeber – so wie jüngst in der Fachliteratur gefordert – Kündigungen des vertragstreuen Mieters zur engen Ausnahme werden lassen.

Mieter helfen Mietern, Bartelsstraße 30, 20357 Hamburg,040-431 39 40