Auf Besuch beim „Mighty Quinn“

Konzert Der Rock nach den alten Regeln, mit allen vertrauten Schulhofhits aus den Siebzigern: Manfred Mann’s Earth Band und beglücktes Publikum am Donnerstag im Admiralspalast

Die Musiker taten so, als hätten sie ihren Spaß, den sie wahrscheinlich sogar hatten. Das Publikum hatte ihn bestimmt

Doch, er war schon zu spüren an diesem Donnerstagabend: Der warme Hauch der Rockgeschichte. Und dankenswerterweise machte die Band auf der Bühne gar kein großes Aufhebens darum. Sie spielte einfach. Spielte den Rock. Manfred Mann's Earth Band im Admiralspalast.

Wobei man die musikalische Bedeutung von Manfred Mann, dem in Südafrika geborenen Keyboarder, vielleicht doch noch mal kurz skizzieren muss. In den Sechzigern hatte der mit der nach ihm benannten Beatband Manfred Mann eine ganze Reihe an Hits, „Fox on the Run“, „Do Wah Diddy Diddy“ und so weiter. Später lieferte er die Hits mit Manfred Mann’s Earth Band. Nicht zuletzt aber hatte man mit der Earth Band in den Siebzigern auf den Schulhöfen eine Band, über die man sich gar nicht streiten musste, weil sich auf die alle einigen konnten. Der große gemeinsame Nenner, das ist die Leistung von Manfred Mann’s Earth Band.

Auf den Schulhöfen entscheidet sich die Geschichte dieser Band schon lange nicht mehr. Aber deswegen darf Manfred Mann doch trotzdem seiner Arbeit nachgehen, der mittlerweile 76-Jährige, selbst wenn die Setlist fürs Liveprogramm mit seiner Earth Band prinzi­piell bereits Ende der Siebziger abgeschlossen war.

Die aktuelle Bedeutung der Band ist ja genau die: dass es wie früher klingt. Man wollte schließlich gar nicht hören, ob sich Manfred Mann der musikalischen Gegenwart stellt oder irgendeine Antwort darauf hätte. Man wollte keine musikalische Entwicklung. Man freute sich auf die alten Lieder.

Manfred Mann’s Earth Band enttäuschte diese Erwartung im üppig besetzten, nicht ganz bis zum letzten Platz ausverkauften Admiralspalast nicht. Sie spielte ein Rockkonzert nach den alten Regeln. Nie zu weit vom Blues entfernt, der neue Sänger Robert Hart ging eine innige Beziehung mit dem Mikroständer ein und gab die gepflegte Rockröhre. Und reichlich Soli. Mick Rogers, neben Mann letztverbliebenes Gründungsmitglied der Earth Band, demonstrierte ausgiebig seine virtuosen Qualitäten, und Mann machte das sowieso. Manchmal kam er dafür mit einem Umhänge-Keyboard nach vorn, um ein klein wenig visuelle Präsenz zu zeigen. Eine Rampensau ist er allerdings auch mit den reiferen Jahren nicht geworden.

Was ja schon eine Seltsamkeit bei Manfred Mann ist: Sein Name war immer prominent ausgestellt in seinen Bands. Der Star aber war er nie, und letztlich verschanzte er sich immer hinter der Musik.

Eine Kippfigur. Selbstbewusst und scheu. Was sich in der Musik selbst spiegelt: War doch der besondere Trick von Manfred Mann, sich Vorlagen anderer Musiker anzueignen, sie hier und da zu begradigen und im vollfetten Rock auszubacken, um die Lieder noch ein wenig massenplausibler und damit zu veritablen Earth-Band-Hits zu machen. Lieder von Bruce Springsteen, „Spirits in the Night“ und „Blinded By the Light“. Lieder von Bob Dylan, „You Angel You“ und „Father of Day, Father of Night“.

Die Earth Band spielte sie alle, und die Musiker taten dabei so, als hätten sie ihren Spaß dabei, den sie wahrscheinlich sogar hatten. Das Publikum hatte ihn bestimmt, wie da locker genug aus der Hüfte gerockt wurde, mit gehörigem Drive. Aufmunternd. Zum Ende hin gar euphorisierend. Mehr muss man von einem Konzert nicht erwarten.

Als Zugabe spielte Mick Rogers mit dem Schlagzeuger „Do Wah Diddy Diddy“ in einer launigen Sommerfrische-Rock-’n’-Roll-Version. Eine Verbeugung vor Manfred Manns Prä-Earth-Band-Zeit. Dann kam der Rest der Band und auch Manfred Mann auf die Bühne, um natürlich „Mighty Quinn“ zu spielen. Längst schon Manfred Manns Lied, seine Erkennungsmelodie. Obwohl es eigentlich Bob Dylan geschrieben hat.

Was eben der Rock auch ist: eine Geschichte der Aneignung. Thomas Mauch