THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Es ist die Geschichte des Künstlers und seines Verhältnisses zur Macht, die Goethes berühmtes Drama Torquato Tasso verhandelt: Jenes Dichters Tasso am Hof des Herzogs Alphons von Ferrara, der frei sein will in seinem Denken und Dichten, und nur den Herrn über sich anerkennt, dem er dient. Aber kann ein Dichter wirklich frei sein, der sein Geld vom staatlichen Souverän erhält? Fragen, die heute noch in der Freien Szene (und darüber hinaus) akut sind: Wie frei sind wir eigentlich, die wir von öffentlichen Geldtöpfen abhängig sind und den thematischen Setzungen von Förderrichtlinien? „Suche Fürst*in, Mäzen*in, Sponsor*in. Bin zu allem bereit. Spiele Ihnen den Tasso site specific und hochpolitisch, gehe auch in den Stadtraum. Sie stehen mehr auf Unterhaltung? Ich winde Ihnen Kränze, lasse mich einsperren oder werde verrückt, wenn Sie es wollen. Mein Körper steht Ihren Fantasien in vollem Umfang zu Diensten. Ein gewisses Interesse an Kunst wäre schön. Hochachtungsvoll, Tasso,“ adressieren nun Martin Clausen, Peter Trabner, Jörg Witte und Barbara Balsei an zeitgenössische Geldgeber in ihrer Tasso-Variation „Tasso nach Goethe“. Vergangenen November in München uraufgeführt ist das kluge Stück nun im Theaterdiscounter zu Gast (Theaterdiscouter, „Tasso nach Goethe“, 20.–22. 4., jeweils 20 Uhr).

Die Brüder Arkadij und Boris Strugatzki fanden ihr Reich der Freiheit in der Fantasie: Sie schrieben in der Sowjetunion fantastische Romane, die oft radikale Gesellschaftskritik waren und immer wieder verboten wurden. Inzwischen haben sie Auflagen von über 50 Millionen Exemplare erreicht und wurden in 30 Sprachen übersetzt. Berühmt sind besonders die Romane, die von Wanderungen in der Welt des Mittags handeln, jener futurologischen Zukunftswelt, in der seit 1962 gleich eine ganze Reihe von Romanen der Strugatzki-Brüder spielten. Diese Welt hat es auch den futurologischen Schaumstoff-Puppenspielern von Das Helmi angetan, die unter der Überschrift „Strugatzki“ im Ballhaus nun eine fünfteilige Serie mit Stoffen der fantastischen Brüder heraus bringen (Ballhaus Ost: „Strugatzki“, Teil 1: Ja Ja Land 26. & 27.4., jeweils 20 Uhr).

In gewisser Weise futurologisch ist auch das neue Stück von Turbo Pascal „Die Welt in uns“,das am Jungen DT mit Berliner Schüler*innen herauskommt: das nämlich die Nationalstaaten überwinden und einen Weltbürgerpass für alle einführen, dem Beispiel des US-Friedensaktivisten Garry Davis folgend, der 1948 die Weltbürgerbewegung ins Leben rief, auf dass es nie wieder Krieg geben würde (Deutsches Theater, Premiere am 23. 4., 20 Uhr).