Die große Flüchtlings-Fernsehshow im Hotel California

SATIRE Mit „Big Earth“ feiert der zweite Teil eines mit jungen Flüchtlingen in Norddeutschland entwickelten Filmprojekts Premiere

Was kommt dabei heraus, wenn man Flüchtlinge einen Spielfilm über ihr Leben in Deutschland drehen lässt? Das hat jetzt zum zweiten Mal das ABC Bildungs- und Tagungszentrums bei Himmelspforten in Niedersachsen im Rahmen eines medienpädagogischen Projekts ausprobiert. „Big Earth“ ist die Fortsetzung des Kurzspielfilms „Hotel California“, der vor zwei Jahren in Hamburg vorgestellt wurde.

Wieder gab es den Anspruch, „wahre Geschichten, Erfahrungen, Ängste und Hoffnungen“ der Flüchtlinge filmisch umzusetzen. Und wie schon beim ersten Film wird Patrick Merz als der Autor und Regisseur genannt. Aber auch hier sorgte er offensichtlich vor allem dafür, dass der Film handwerklich sauber inszeniert wurde.

Im ersten Film wurde von einem herunter gekommenen Gasthof erzählt, der in ein Flüchtlingsheim umfunktioniert wurde, und in dem die Flüchtlinge kaum genug zu essen bekamen, weil die deutschen Besitzer möglichst viel an ihnen verdienen wollten.

In der Fortsetzung lebt einerseits eine neue Generation von Flüchtlingen zufrieden und friedlich im „Hotel California“. Dabei spricht eine der Laiendarstellerinnen davon, dass sie im ersten Film mitgespielt habe, wodurch dieser zum „Film im Film“ wird. So wissen auch die Redakteure eines fiktiven norddeutschen Fernsehsenders vom Hotel California und planen dort, die Teilnehmer einer großen Show zu casten. Denn während die anderen Medien über die Flüchtlinge nur berichten, setzen sie auf deren Unterhaltungswert.

Es geht in der Fortsetzung also nicht mehr vorrangig um die existentiellen Nöte der Flüchtlinge wie Fremdenhass, Perspektivlosigkeit und die drohenden Abschiebung, sondern um das Bild, dass die Deutschen sich von ihnen machen.

Im dem Film wollen die „Fernsehmacher“ die Geflüchteten nur so zeigen, wie sie sie sehen: „Ein Flüchtling mit gezupften Augenbrauen geht gar nicht!“, sagt da eine preußisch-forsche Produktionsassistentin, die übrigens schwarzhäutig ist. Der arrogante Fernsehregisseur und Unsympath des Film ist ein junger Syrer und der Wirt der norddeutschen Dorfkneipe kommt aus der Schweiz. Es ist den jungen Flüchtlingen offensichtlich wichtig zu zeigen, dass ganz selbstverständlich viele Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland arbeiten.

Die Geschichte von der großen Flüchtlings-Fernsehshow wird allerdings nicht wirklich schlüssig und pointiert erzählt. Aber die 60 Laiendarsteller durften für den letzten Dreh zum Gasometer in Oberhausen fahren, um dort unter einer riesigen Erdkugel zu singen und zu tanzen. Der Spaß sei ihnen gegönnt. Wilfried Hippen

Die Vorpremiere von „Big Earth“ ist am Samstag um 11 Uhr in den Harsefelder Lichtspielen, die Premiere am Sonntag um 14 Uhr im Kino Alabama auf Kampnagel in Hamburg