Der Kirchentags-Grüne

Er ist studierter Theologe, wäre fast Pastor geworden – und macht für die Grünen Politik im Kieler Landtag: Eigentlich kann es nicht überraschen, dass Andreas Tietze nun auch groß in die Kirchenpolitik einsteigt. Die Synode der neu gegründeten evangelischen Nordkirche hat ihn vergangene Woche zu ihrem ersten Präses gewählt, doch dass sich Tietze bei der Wahl durchsetzt, war nicht unbedingt erwartet worden: Er gewann die Abstimmung gegen Hans-Peter Strenge, der Präsident der Nordelbischen Kirche war und den Fusionsprozess mit der Landeskirche Mecklenburg und der Pommerschen Kirche maßgeblich vorangetrieben hat.

Die Wahl Tietzes ist auch ein kleiner Generationswechsel: Strenge ist 64 Jahre alt, Tietze 50. „Ich bin ein Newcomer, ich habe keine alten Konflikte“, sagt Tietze. Und: „Ich stehe für die Diskussion über Inhalte, nicht über Strukturen.“

Im Kieler Landtag ist Tietze einer der stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden, zuletzt hat er über die Gefahren von überlangen LKWs geredet und zur Universitätsmedizin in Schleswig-Holstein. Tietze will, dass sich auch die Kirche in aktuelle Debatten einmischt, er denkt etwa an Klimagerechtigkeit, soziale Gerechtigkeit und natürlich Ökumene. Tietze ist katholisch aufgewachsen.

Tietze wollte dieses Jahr auch grüner Oberbürgermeister von Kiel werden – doch er scheiterte. „Ich komme nicht von der Politik in die Kirche, in der Kirche war ich schon immer“, sagt er. „Ich bin kirchlich sozialisiert worden, ich engagiere mich in der Kirche und in der Politik für Frieden, Gerechtigkeit und die Bewahrung der Schöpfung.“

Tietze ist nicht der erste Grüne mit hohem Kirchen-Posten: die grüne Spitzenkandidatin für die Bundestagswahl, Katrin Göring-Eckardt, ist Präses der EKD. Warum werden die grünen Kirchenleute nun sichtbar? Tietzes Antwort: „Die Generation, die in den 80er Jahren sozialisiert wurde, ist reifer und bürgerlicher worden und kann jetzt wichtige gesellschaftlichen Aufgaben übernehmen.“ DKU