Mehr materialgleiche Nichtverpackungen

Kreislaufwirtschaft Verpackungsgesetz: Für Verbraucher ändert sich nicht allzu viel

Echte Sammlerstücke: Einwegpfandflaschen Foto: dpa

BERLIN taz | Verpackungen bleiben auch künftig Abfall. Zumindest dann, wenn der Bundestag am späten Donnerstagabend seinen Plan wahr gemacht und das neue Verpackungsgesetz verabschiedet hat. Nach jahrelangem Streit gibt es dann neue Regeln für den Umgang mit alten Getränkedosen, Flaschen, Folien und Kartons. Rund 18 Millionen Tonnen Verpackungsabfall fallen in Deutschland laut Umweltbundesamt jährlich an.

Dieser Riesenmenge wollte die Bundesregierung 2011 Herr werden, indem zum einen Verpackungen vermieden werden, zum anderen Abfallströme zusammengefasst werden sollten. Nicht nur Tüten und Milchkartons sollten in die gelbe Tonne, sondern auch Plastikeimer oder Kugelschreiber, also „material­gleiche Nichtverpackungen“. Doch an dem Wertstoffgesetz sind gleich zwei Koalitionen gescheitert. Nun also die abgespeckte Version.

Demnach müssen Supermärkte ihre Kunden künftig an den Regalen darüber informieren, wo Mehrwegflaschen stehen; zudem wird Pfand auf Getränkeverpackungen erhoben, die bisher seltsamerweise davon ausgenommen waren, nämlich auf Nektar mit Kohlensäure und molkehaltige Mischgetränke. Ansonsten ändert sich für die Verbraucher nicht viel.

Die Händler und Hersteller von Verpackungen bekommen aber eine neue Aufgabe: Sie müssen künftig in einer sogenannten „zentralen Stelle“ selbst darüber wachen, dass sie die Vorgaben des Gesetzes, beispielsweise die leicht angehobenen Recyclingquoten, auch einhalten. Gegründet wird eine Stiftung, die hoheitliche Aufgaben übernimmt. Dieses System sei „wenig bürokratisch, bezahlbar und transparent“, lobt Kai Falk, Geschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hingegen kritisiert diese Konstruktion. „Da werden falsche Strukturen geschaffen“, sagt Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft der DUH, „die man hinterher kaum wieder los wird.“ Schon das bestehende Gesetz hätten Industrie und Handel unterlaufen, indem sie etwa die Mehrwegquoten nicht beachtet oder auch bestimmte Recyclingquoten unterschritten hätten. „Künftig wachen sie selbst darüber, ob sie sie einhalten“, so Fischer.

In der Tat sinkt die Mehrwegquote seit Jahren und liegt mit einem Anteil von knapp 40 Prozent an allen verkauften Getränkeverpackungen deutlich unter den gesetzlichen Anforderungen. Konsequenterweise wollte die Bundesregierung sie im neuen Verpackungsgesetz gleich ganz streichen. Dies scheint zwar vom Tisch – doch Sanktionen gegen eine Nichteinhaltung der Quote sind weiterhin nicht vorgesehen.

Auch die Grünen im Bundestag kritisieren das Gesetz: „Das Kompetenzchaos zu Lasten der Kommunen in der Wertstoffsammlung bleibt bestehen“, sagt Peter Meiwald, Umweltpolitischer Sprecher der Fraktion.

„Da werden falsche Strukturen ­geschaffen“

Thomas Fischer, DUH

Die Bundesländer müssen dem neuen Gesetz nicht zustimmen. Findet sich aber eine genügend große Zahl unzufriedener Landesregierungen, könnten diese den Vermittlungsausschuss anrufen. Dann würde es auch in dieser Legislatur schon wieder nichts mit einem Verpackungsgesetz.

Heike Holdinghausen