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Kolumne PressschlagKeine Brasilianer mehr im Breisgau

Peter Unfried
Kolumne
von Peter Unfried

Die Bundesligaklubs mit dem wenigsten Geld hängen ganz hinten. Nur der SC Freiburg nicht. Trotz drittniedrigstem Etat liegt er auf Rang 7.

Cheftrainer Christian Streich zeigt seinen Spielern, wo es langgeht Foto: imago/Jan Huebner

F rüher nannte man die Spieler des SC Freiburg Breisgaubrasilianer. Das traf es nie so richtig und trifft es jetzt gar nicht mehr. Das Problem fängt schon damit an, dass die Brasilianer auch keine Brasilianer mehr sind. Jedenfalls nicht mehr in der früher mitschwingenden Bedeutung der schön spielenden Ballkünstler. In der komplexen Fußballmoderne muss man schon etwas genauer hinschauen, wenn man das Alleinstellungsmerkmal der Freiburger erkennen will.

Tabellarisch ist es evident: Von den fünf Teams der Bundesliga mit den fünf niedrigsten Spieler-Durchschnittsgehältern liegen vier vor dem 28. Spieltag auf den letzten vier Plätzen: das ökonomisch weit abgeschlagene Darmstadt, Ingolstadt, Augsburg, Mainz. Aber der SC mit dem drittniedrigsten Etat liegt auf Rang 7.

Nun sind gerade Mainz und Augsburg, mit Abstrichen Ingolstadt, die gelungenen Modernisierungsprojekte des letzten Jahrzehnts. Orte, an denen man nicht von Fußballtradition geschwafelt, sondern sie geschaffen hat. Dass alle drei gegen den Abstieg kämpfen, zeigt, wie wichtig Einzelne in Fußballunternehmen sind, hier die zu Saisonbeginn gewechselten Ralph Hasenhüttl, Markus Weinzierl, Christian Heidel.

Wie fragil Fußballgebäude sind, die durch winzige Risse implodieren können. Und dass es immer auch ökonomisch Potentere braucht, die unfassbar viel falsch machen. In dieser Beziehung ruhen die Hoffnungen der drei auf dem HSV und auf Wolfsburg.

Streich dagegen pflegt die Varianz, die heute auch den Oben-Fußball der Großen auszeichnet

Augsburg ist im sechsten Jahr, Mainz im elften (bei einem Abstieg), der SC ist bei 17 Jahren Bundesliga angekommen. Die größte Leistung besteht darin, dass kaum einer weiß, dass er im Moment offiziell mal wieder „Aufsteiger“ ist.

Cheftrainer Streich ist der Kopf

Dank Volker Finke hat man eine Struktur schaffen können, die den Abstieg genauso beinhaltet wie den Wiederaufstieg. Die nicht nur eigene Spieler entwickelt, sondern auch eigene Trainerteams und Manager. Cheftrainer Christian Streich ist der Kopf, der die Kultur nach außen verkörpert und nach innen lebt.

taz.am wochenende 8./9. April

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Selbstverständlich spielt der SC nicht mehr nach dem scheinbar brasilianischen Kurzpassdogma aus Finkes Zeiten. Die Basis des Erfolgs ist gemeinsames Verteidigen, wie überall. Aber er spielt eben nicht nur gegen den Ball und auf der Lauer nach dem Fünf-Sekunden-Tempokonter, dieses angstgetriebene „Gemurkse“ (Mario Gómez), das die meisten Kleinen prägt und daher nun auch Teams wie Werder Bremen.

Streich dagegen pflegt die Varianz, die heute auch den Oben-Fußball der Großen auszeichnet. Gegen den Ball laufen wie um das eigene Leben – der SC läuft mit Abstand am meisten in der Liga. Aber phasenweise auch leidenschaftlich kombinieren.

Es war schon selbstbewusst, wie Streich nach dem niederschmetternden 2:5 gegen Bremen im daraus resultierenden Zitterspiel an diesem Mittwoch zwei Antilieblinge der eigenen Anhängerschaft (Guédé und Ignjov­ski) aufstellte und in Wolfsburg einen mutigen Matchplan vorgab, den das Team nach einigem Holpern immer besser erfüllte. Am Ende machte man den Plan mit Glück und Niederlechners Treffer zum 1:0-Sieg sogar rund.

Die Vorlage kam vom just eingewechselten Nils Petersen, dem Streich offenbar identitär eingepflanzt hat, dass er sein fußballerisches Maximum im Dienst des Teams, aber auch für sich selbst dann erreicht, wenn er von der Bank kommt. Petersens wahrhaftiger Glaube daran steht für den exzeptionellen Teamspirit des SC Freiburg 2017.

So rum ist es also heutzutage richtig: Hätten die Brasi­lianer das Freiburger Know-how und den Spirit, dann wären sie Weltmeister.

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Peter Unfried
Chefreporter der taz
Chefreporter der taz, Chefredakteur taz FUTURZWEI, Kolumnist und Autor des Neo-Öko-Klassikers „Öko. Al Gore, der neue Kühlschrank und ich“ (Dumont). Bruder von Politologe und „Ökosex“-Kolumnist Martin Unfried
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5 Kommentare

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  • Heute Ostersamstag leider verloren.

    Haushoch. Kopf hoch Christian Streich.

  • Naja, der Artikel ist inhaltlich doch bissle dünn.

    Der SC gewinnt in dieser Saison genau die engen Spiele, die in der Abstiegssaison verloren wurden.

    Dazu gehört zweifelsohne natürlich Glück. Der Kader ist inzwischen aber so gut, dass verletzte Spieler ersetzt werden können. Hier hat das Duo Hartenbacher/Saier verdammt gut gearbeitet.

    Brasilien war übrigens nie Fraiburges fußbalerisches Vorbild. Der Fußball des AC Milan und von Arsenal waren damals Finkes Vorbilder. Damals bezeichnete man guten Fußball eben als „brasilianisch“. Naja, passte auch zum Klima im Breisgau.

    Freiburg hat etliche Spieler, die noch nicht reif für die Bundesliga sind. Die stehen so an der Grenze. An guten Tagen können manche Spieler auch in Liga 1 mithalten. An schlechten Tagen eben nicht. Und genau das ist es, was Christian Streich kann. Er bringt die Spieler genau zum richtigen Zeitpunkt. Offensichtlich weiß er genau, wann Spieler diese guten Tage haben. Das Publikum wird manchmal durch die Aufsstellung überrascht. Nach Spielende muss man dann jedoch oft zugeben, dass Christian Streich mal wieder die richtigen Spieler aufgestellt hat.

     

    In diesem Sinne, allez SC, KLASSENERHALT!

    • @Stormy Monday:

      „Der SC gewinnt in dieser Saison genau die engen Spiele, die in der Abstiegssaison verloren wurden.“

       

      … wie der glückliche Sieg über Mainz wieder bestätigt hat.

  • Der SCF macht seit Jahren erstklassige Arbeit und hat einen Trainer, um den man ihn beneiden muß. So eine tolle Kombi aus Sachverstand und Herzblut trifft man selten. Weiter so!!!

  • Jau. - Genau! - Allerspätestens da -;)

     

    "...Wie fragil Fußballgebäude sind, die durch winzige Risse implodieren können. Und dass es immer auch ökonomisch Potentere braucht, die unfassbar viel falsch machen. In dieser Beziehung ruhen die Hoffnungen der drei auf dem HSV und auf Wolfsburg..."

     

    Wurde Opa wg schallenden Gelächters - Rote Katte - Alder! - Des Platzes verwiesen!

    Ok. Am Rechner!;)) Aber dafür endgültig & Für den Rest der Saison - kerr?!

    Danke ins Spätzleländle! & Now! - Really much better ....The sunshine leaps in!

    kurz - You made my day - too!