Flucht ohne Verfolgung

Asyl-Recht

Droht syrischen Flüchtlingen bei ihrer Rückkehr in ihr Heimatland automatisch die Verfolgung durch den Staat? Ja, befand das Verwaltungsgericht Göttingen am Mittwoch anhand des Falls einer syrischen Familie. Wie viele andere klagte sie gegen den subsidiären Schutzstatus, den ihnen das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) zusprach. Der subsidiäre Schutz schließt eine Abschiebung nach Syrien aus. Die Schutzsuchenden dürfen zunächst nur ein Jahr in Deutschland bleiben, der Familiennachzug ist stark eingeschränkt.

Vor allem Letzteres macht die Aufstockung vom Schutz- zum Flüchtlingsstatus für viele Flüchtlinge so wichtig: Die Zahl der Klagen vor den Verwaltungsgerichten verdoppelte sich zwischen August und Dezember 2016 bereits auf 36.000. Und die Geflüchteten bekamen Recht: In 88 Prozent der bereits gefällten Urteile stockten die Verwaltungsgerichte den Schutzstatus auf.

Im Fall der syrischen Familie in Göttingen kann das Bamf das Urteil nun vor dem Oberverwaltungsgericht anfechten. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass es am Ende Recht erhält: Im vergangenen November entschied das Oberverwaltungsgericht in Schleswig-Holstein, dass Flüchtlinge explizit eine begründete Furcht vor Verfolgung nachweisen müssen, bevor ihnen der Flüchtlingsstatus zugesprochen wird. Ein Urteil mit Signalwirkung: Zahlreiche andere Bundesländer haben sich der Entscheidung Schleswig-Holsteins angeschlossen. In Niedersachsen steht das Urteil noch aus, aber „noch in diesem Jahr soll eine Entscheidung fallen“, sagt Michaela Obelode, stellvertretende Pressesprecherin des Oberverwaltungsgerichts in Lüneburg.

In Göttingen werden aktuell 120 ähnlich gelagerte Fälle verhandelt. Für die klagenden Flüchtlinge hätte die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts eine schwerwiegende Bedeutung, sagt die Hamburger Rechtsanwältin für Ausländer- und Asylrecht, Rita Mushfiq: „Ihre Familie nicht zu sich holen zu können – dass bedeutet für viele die freiwillige Rückkehr nach Syrien.“ MuKa