Berliner Szenen: They try. They fail. They win
Es gibt drei gute Gründe, sich ein Hertha-Spiel anzuschauen. Das mit dem Presseeingang hingegen üben wir besser nochmal.
E s gibt genau eine taz-Pressekarte pro Hertha-Heimspiel, und weil zum Spiel am Sonntag gegen Augsburg keiner gehen will, nehme ich sie, denn 1.) hey, Bundesligafußball!, 2.) ein guter Anlass für eine Radtour und 3.) ist der nördliche Grunewald die einzige Stelle in Berlin, wo halbwegs zuverlässig Phanpys zu finden sind. Das sind kleine hellblaue Elefanten aus dem Smartphonespiel „Pokémon Go“, das es, ja, immer noch gibt und das ich, genau, immer noch spiele, ja, wirklich noch.
Ich war erst ein einziges Mal auf Presseticket bei Hertha und habe natürlich vergessen, wo ich reinmuss. Beim VIP-Eingang schickt mich eine Frau zum Osttor, weil sie nur das Wort „Arbeitskarte“ gelesen hat, und als ich im Pressebereich ankomme, fehlt mir noch alles: das lila Bändchen für meine Tasche, das grüne Bändchen fürs Catering. Peinlich, aber alle sind sehr nett.
Auf der Pressetribüne merkt man nichts von den 21 Grad draußen, ich friere. Rechts von mir sitzt die fünf Köpfe starke Japanfraktion, denn beide Teams haben einen japanischen Spieler im Kader. Links von mir jubeln beim Tor zwei Männer, der eine wedelt mit einem Herthaschal genau wie 30.000 andere Menschen im Stadion. Lokalsportjournalismus in a nutshell.
Auf den Catering-Servietten steht „Hertha BSC. We try. We fail. We win“ und auf einer der Werbungsbanden „Berliner Start-up seit 1892“. Im Tagesspiegel hatte ich früher am Tag in einem guten Artikel über Herthas Bemühen gelesen, im Zeitalter der Digital Natives anzukommen, und, hell yeah!, sie scheinen es ernst zu meinen.
Das Spiel an sich ist öde, Hertha ist hochüberlegen. Augsburgs Trainer steht die ganze Zeit regungslos in seiner Coachingzone herum, er trägt eine dieser Steppwesten, die ich seit einiger Zeit häufig an Trainern sehe, Slomka, Nagelsmann, was ist da styletechnisch bloß wieder schiefgelaufen?
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