„Ein Volk in Angst“

Diskussion um Sicherungsverwahrung

■ 58, Bewährungshelfer, Mediator und Autor, hat selbst drei Kinder und zwei Enkelkinder. Foto: Chris Stock-Müller

taz: Herr Asprion, wie stehen Sie zur Sicherungsverwahrung?

Peter Asprion: Ich plädiere dafür, sie abzuschaffen. Weil man Sicherungsverwahrung nicht braucht, weil sie irrational ist, weil sie dämonisiert: Die Menschen kriegen Vorstellungen von Figuren wie Hannibal Lector aus dem „Schweigen der Lämmer“. Und so sind die Menschen nicht.

Die Befürchtungen sind also überzogen?

Die Gefährlichkeit ist weit übertrieben worden. In Deutschland sind 2010 etwa 80 Männer aus der Sicherungsverwahrung entlassen worden. Von denen ist meines Wissens nur einer rückfällig geworden. Das ist die Dimension des Risikos. Ich denke, das Thema wird auch politisch missbraucht.

Inwiefern?

Ein Volk in Angst lässt sich besser regieren. Man testet an einer ganz kleinen Tätergruppe, die überhaupt keine Lobby hat, Instrumente, die man sich sonst nicht trauen würde zu testen.

Was braucht es für eine gelingende Resozialisierung?

Wenn jemand nach langer Inhaftierung oder Sicherungsverwahrung entlassen wird, braucht er einen „sozialen Empfangsraum“ – er braucht grundsätzlich günstige Lebensbedingungen: Auskommen, Beschäftigung und eine Wohnung. Er braucht auch soziale Kontakte.

Den Männern, die in einer Einrichtung in Moorburg untergebracht werden sollten, schlug in Form einer Bürgerinitiative bereits früh Ablehnung entgegen.

Die Leute aus der Bürgerinitiative sollten sich zwei Mal die Woche mit den Männern zusammensetzen. Ins Gespräch kommen, Ängste abbauen. Ich plädiere für Dialog und eine kontrollierte Unterstützung der Männer.  INTERVIEW: LIKS

Lesung und Diskussion: 19 Uhr, Kulturzentrum, Moorburger Elbdeich 249