Ausstellungsempfehlung für Berlin: Farbraum trifft Tiefenpinsel
Anke Völk und der Farbträger: In der Kienzle Art Foundation schichtet die Künstlerin Papier auf Nesselstoff oder direkt auf die Ausstellungswände.
Sie ist eine Papiersammlerin. Doch nur das Zeitungspapier, das Anke Völk mit Lackstift und Acryl über Faltkanten hinweg zu Graustufen schichtet, ist näher identifiziert. Die restlichen „verschiedenen Papiere“, die unter Metallicspray und pink strahlenden Pigmenten Völk als Träger ihrer abstrakten Mal- und Collagetechniken dienen, sind dem technischen Zugriff des Wissen-Wollens entzogen.
Auch dann, wenn das Material als skulpturaler „Überwurf“ (2014) in der Raummitte wie eine schwere, tropfende (Farb-)Decke drapiert ist. „Chromaintensity“, der Titel von Völks Schau in der Kienzle Art Foundation, trifft das Gefühl dieses spürbaren „Mit Farbe Getränkt-Seins“ sehr genau.
Denn Völk ist auch eine Wandmalerin. In einzelnen Collagen verwendete Papierelemente wiederholen sich im Raum, schmiegen sich über Wandvorsprünge und setzen so die Bilder über die Architektur hinweg fort.
Arbeiten in Schwarz, denen das intensive Farbspektrum wiederum entzogen wird, wie „Lob des Schattens“ (2009), zeichnen sich im Ausgleich durch intensive Strukturen aus. So tritt mit diesen Werken neben die durch den Raum wandernde Farbe, die über Papiere und andere Träger hinweg ausgestrichen ist, ein Pinselstrich, der anstelle von Weite nach tiefen Furchen sucht.
Einblick (667): Anke Völk, Künstlerin
Welche Ausstellung in Berlin hat dich zuletzt an- oder auch aufgeregt? Und warum?
Die Präsentation von Werken aus der Sammlung des Museums Berggruen zusammen mit den Malereien von Georg Condo, die ich erst kürzlich angeschaut habe. Ich fand die Gegenüberstellung sehr spannend. Das hat großen Spaß gemacht.
Kienzle Art Foundation
Do.–Fr., 14–19 Uhr, Sa. 11–16 Uhr
Bis 15. 4.
Bleibtreustraße 54
Welches Konzert oder welchen Klub in Berlin kannst du empfehlen?
Die Luxus Bar in der Prenzlauer Allee. Ich mag die Stimmung dort. Intime Atmosphäre, nette Leute.
Welche Zeitschrift/welches Magazin und welches Buch begleitetdich zurzeit durch den Alltag?
Das Fanzine/die Plattform „CALL“ (Kunst und Feminismus) und das Buch „Heimsuchung“ von Jenny Erpenbeck. Mich interessiert bei „CALL“ die Thematik von Feminismen im Kunstkontext. Dabei tritt „CALL“ vielfältig auf. Als Heft, Plattform für Diskurse, Ausstellungsformat und als AudioCall. Ich finde das sehr spannend!
An dem Buch „Heimsuchung“ begeistert mich die Erzählung über die zwölf Lebensgeschichten über einen längeren Zeitraum. Das ist sehr gut geschrieben und geht unter die Haut. Es dreht sich immer um den gleichen Ort in der Nähe von Berlin, einem Haus an einem märkischen See. Historisch und hochaktuell (…“über die Sehnsucht der Menschen nach dem Bleiben, über das Verlangen nach einem Ort des Friedens, über unüberwindbare Grenzen, über die Liebe, den Tod.“).
Anke Völk (*1965), Studium an der Schule für Gestaltung Basel, der Akademie der Bildenden Künste Karlsruhe und der Akademie der Bildenden Künste Wien. Seit 2010 Mitgründerin und Kuratorin des Ausstellungsprojekts L‘oiseau présente ... Berlin. Ausstellungen u. a. 2016 „in between“, Einraumhaus Mannheim; 2015 „Intro“, Gallerie Gilla Lörcher Berlin; 2014 „Medium Rare“, Gallery Kant, Kopenhagen, „solos III“, Ozean, Berlin.
Was ist dein nächstes Projekt?
Einen Vortrag an der Kunstakademie in Münster im Rahmen der Münster Lectures halten und in Berlin die Teilnahme an der Gruppenausstellung „The Real Estate Show Extended/Berlin“. In dem Vortrag werde ich über meine Malerei sprechen und ich stelle unsere nicht-kommerzielle künstlerische Projektinitiative „L'oiseau présente…“ vor.
Welcher Gegenstand/welches Ereignis des Alltags macht dir am meisten Freude?
Mein Fahrrad, denn endlich kann ich es vom Wetter her wieder benutzen, zumal ich keinen Führerschein habe und das ist gut so.
Text und Interview erscheinen im taz.plan. Mehr Kultur für Berlin und Brandenburg immer Donnerstags in der Printausgabe der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Ungelöstes Problem der Erneuerbaren
Ein November voller Dunkelflauten
Abschiebung von Pflegekräften
Grenzenlose Dummheit
Autobranche in der Krise
Kaum einer will die E-Autos
Trumps Personalentscheidungen
Kabinett ohne Erwachsene
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein