Hoffen auf die Rangers

Seriensieger Celtic Glasgow ist schon wieder Meister. Die Monotonie schadet dem schottischen Fußball

Einsame Meisterfeier: Celtic-Spieler bejubeln den Titel Foto: reuters

Es war die langweiligste Saison im europäischen Fußball seit 1932. Damals wurde Ferenc­város Budapest ungarischer ­Meister, nachdem das Team sämtliche 22 Spiele gewonnen hatte. Am Sonntag wurde Celtic Glasgow nach einem 5:0 bei Heart of Midlothian vorzeitig schottischer Meister. Nach 28 Siegen und zwei Unentschieden hat das Team acht Spieltage vor Schluss 25 Punkte Vorsprung vor dem Tabellenzweiten FC Aberdeen. Es ist der 48. Meister­titel der Vereinsgeschichte, der sechste in Folge.

Mit 54 Meistertiteln hält jedoch der Lokalrivale Glasgow Rangers den schottischen Rekord, der gleichzeitig Weltrekord ist. Seit der Verein 2012 in die vierte Liga verbannt wurde, herrscht aber Langeweile im schottischen Fußball. Die Rangers hatten Steuerschulden in Höhe von knapp 50 Millionen Pfund angehäuft. Hinzu kamen immense Verbindlichkeiten bei privaten Gläubigern, so dass der Verein Konkurs anmelden musste.

Langsam arbeitete sich der Verein wieder nach oben, in dieser Saison ist man endlich wieder in der Premier League angekommen, aber noch reicht es nicht zur ernsthaften Konkurrenz von Celtic. Und Ruhe ist bei den Rangers immer noch nicht eingekehrt. Vorigen Monat entschied die Börsenaufsicht in London, dass der südafrikanische Geschäftsmann Dave King gegen die Regeln verstoßen habe, als er den Verein vor zwei Jahren übernahm. Zuvor hatte er 44 Millionen Pfund Steuern in Südafrika nachgezahlt, weil er sich in 41 Fällen der Steuerhinterziehung schuldig gemacht hatte.

Rangers und Celtic profitierten in der Vergangenheit von der Rivalität, die von den Fans oft gewaltsam ausgetragen wurde. Die Lokalderbys sind so lukrativ, dass die Beziehung der beiden Vereine „Old Firm“ getauft wurde. Die Meisterschaft hatten sie fast immer unter sich ausgemacht. Seit sie 1891 zum ersten Mal ausgetragen wurde, ist der Titel nur 14 Mal von anderen Mannschaften gewonnen worden, zuletzt 1985 vom FC Aberdeen.

Zwar waren die Lokalderbys auch in dieser Saison ausverkauft, aber insgesamt hat Celtics Dominanz negative Auswirkungen auf die Zuschauerzahlen. Beim Spiel zwischen Hamilton Academical, die gegen den Abstieg kämpfen, und dem FC Aberdeen, dem entfernten Verfolger von Celtic, kamen zum Beispiel lediglich 2.000 Zuschauer ins Stadion. Im Gästeblock auf der Osttribüne standen zwei Menschen. Selbst Celtic büßte Zuschauer ein, und wären die Rangers nicht in die Topliga zurückgekehrt, wäre der Rückgang sogar dramatisch gewesen.

Archie Macpherson, der seit 1962 schottische Fußballspiele im Radio und Fernsehen kommentiert, sagt: „Der fehlende Konkurrenzkampf sorgt für Monotonie, und Monotonie ist tödlich im Fußball.“ Der 80-Jährige erinnert sich an die großen Zeiten, als Celtic 1967 den Europapokal der Landesmeister gewann und Rangers das Finale der europäischen Pokalsieger erreichte. Dundee United besiegte im selben Jahr den FC Barcelona mit 4:1. Aus und vorbei.

Der Niedergang der Vereine bewirkte auch den Niedergang der Nationalmannschaft, weil kaum noch herausragende Talente ausgebildet werden. Seit 1998 hat sich Schottland nicht mehr für eine Welt- oder Europameisterschaft qualifizieren können.

So hoffen die Fans im Interesse des schottischen Fußballs, dass sich die Rangers in naher Zukunft wieder zu einer Spitzenmannschaft entwickeln. Das Halbfinale im FA Cup gegen Celtic kommt aber wohl zu früh. Brendan Rogers, der Celtic erst seit Anfang dieser Saison trainiert, will das nationale Triple gewinnen. Den League Cup und die Meisterschaft hat er bereits in der Tasche. Und es winkt noch ein Rekord: Eine Saison mit 38 Spielen ohne Niederlage hat bisher kein Team geschafft. Ralf Sotscheck