Beamtenpensionen sind ein bisschen kürzbar

Bundesverfassungsgericht billigt Kürzungen bei Beamtenversorgung, legt aber unerwartet deutliche Grenzen fest

FREIBURG taz ■ Der Staat darf die Beamtenpensionen kürzen. Dies hat das Bundesverfassungsgericht gestern in einer Grundsatzentscheidung verkündet. Dennoch erzielten die klagenden Pensionäre einen Achtungserfolg. Das Gericht verbot dem Gesetzgeber, Ruhestandsbeamte schlechter zu behandeln als normale Rentner.

Die Klage bezog sich auf eine Reform aus dem Jahr 2001. Demnach sollen Staatsdiener künftig nur noch 71,75 Prozent ihrer bisherigen Bezüge erhalten; bisher waren es 75 Prozent. Damals versuchte der Gesetzgeber, Einschnitte für Rentner „systemgerecht und wirkungsgleich“ auf die Beamtenpensionen zu übertragen. Darin sahen drei Pensionäre eine Verletzung ihrer Grundrechte. Sie klagten mit Unterstützung des Bundes der Ruhestandsbeamten und Hinterbliebenen (BRH).

Der Deutsche Beamtenbund hatte den Klagen keine Erfolgsaussichten eingeräumt. Wie erwartet lehnte das Verfassungsgericht die Klagen ab. Das bisherige Versorgungsniveau von 75 Prozent sei nur eine „Detailregelung“ und gehöre nicht zu den im Grundgesetz garantierten „hergebrachten Grundsätzen des Berufsbeamtentums“, erklärten die Richter. Auch das Alimentationsprinzip, das den Staatsdienern einen „angemessenen“ Unterhalt während und nach der Dienstzeit sichert, sei nicht verletzt. Wenn es Einschnitte für Rentner gebe, sei auch eine Abschmelzung des Pensionsniveaus angemessen.

Allerdings stellte Karlsruhe unter Berufung auf Sachverständige fest, dass die Pensionäre bei der Reform 2001 schlechter wegkamen als die Rentner. Der Gesetzgeber habe nicht beachtet, dass die Rente nur eine Grundversorgung darstelle, die oft durch Betriebsrenten ergänzt werde, während die Pensionen der Beamten eine Vollversorgung darstellten. Wie groß die Benachteiligung der Beamten prozentual oder in Euro tatsächlich ist, ließ das Gericht offen.

Der Mangel wird von Karlsruhe vorerst auch geduldet. Der Gesetzgeber muss aber nachbessern, sollte sich herausstellen, dass das Ziel einer für Rentner und Pensionäre „wirkungsgleichen“ Reform tatsächlich verfehlt wurde. Auch hier ließ Karlsruhe die Einzelheiten offen. Der Beamtenbund forderte gestern, dass die Beamten bei der nächsten Sparrunde weniger stark belastet werden als Rentner.

Auch eine andere Klarstellung dürfte die Beamten freuen. Bloße Haushaltsprobleme rechtfertigen keine Kürzung der Beamtenpensionen. Möglich ist zwar eine Berücksichtigung der längeren Lebenszeit und der zunehmenden Frühpensionierungen. Diese Lasten dürften aber auch nicht einseitig den Ruhestandsbeamten auferlegt werden, sondern müssten auf alle Beamten verteilt werden. Ein Hinweis, den die Innenminister bei der nächsten Tarifrunde sicher aufgreifen.

Die konkrete Gestaltung der Pensionskürzung fand gestern die Zustimmung der Richter. Der Vertrauensschutz sei nicht verletzt. Die Bezüge der bereits pensionierten Beamten werden nicht wirklich gekürzt, sondern steigen nur acht Jahre lang langsamer als die Beamtengehälter.

CHRISTIAN RATH