Bau auf, bau auf

WIRTSCHAFTSWUNDER Der FC Union steht nicht nur auf Platz 4 in der 2. Bundesliga, er ist auch wirtschaftlich erfolgreich. 2010 soll eine neue Tribüne gebaut werden

Im Stadion an der Alten Försterei wird schon wieder gebaut. Nachdem die Fans des 1. FC Union die Spielstätte ihrer Mannschaft bis zum Sommer in gut einjähriger Bauzeit überwiegend in Eigenregie modernisiert haben, werkeln Bauarbeiter jetzt an der VIP-Unterkunft. Union-Präsident Dirk Zingler freut sich über den Zulauf von sehr wichtigen Personen in Köpenick. „Wir werden immer interessanter und haben bereits über 1.000 Business-Seats.“

155 Sponsoren und 6.124 Mitglieder zählt der Zweitliga-Aufsteiger aktuell. Das Geschäft floriert wie schon lange nicht mehr. Galten die Eisernen in den 1990er-Jahren als Skandalnudel, der zweimal wegen der leeren Vereinskasse die Lizenz für das Profilager verweigert worden war, so mausert sich der DDR-Pokalsieger von 1968 allmählich zum Vorzeigeklub im nordostdeutschen Fußball.

Was Zingler den Mitgliedern auf der Vereinsversammlung am Freitag in der Ballspielhalle der Alten Försterei vermeldete, klang wie eine Kette von Superlativen. „Wir haben ein erfolgreiches Jahr zu feiern. Wir sind Meister geworden und aufgestiegen. Wir haben den Berliner Pokal gewonnen, und das Stadion ist fertig“, sagt der Präsident.

Der Applaus der Basis, die in der Vergangenheit oft unter Misserfolgen und Hiobsbotschaften zu leiden hatte, war ihm gewiss. Selbst Außenstehende sind verblüfft angesichts von Zinglers Zahlen. Das abgelaufene Geschäftsjahr 2008/2009 hat Union in der 3. Liga mit einem Gewinn in Höhe von rund 437.000 Euro beendet. „Für unsere Verhältnisse ein vernünftiger Gewinn“, bilanziert Zingler. Und das, obwohl Kritiker die neu eingeführte Spielklasse wegen der mageren Alimentation durch den Deutschen Fußball-Bund für wenig erfolgversprechend deklariert haben.

Zum Vergleich: In der Saison 2000/2001 vor dem letzten Zweitliga-Aufstieg der Unioner habe sein Vorgänger umgerechnet 1,8 Millionen Euro Miese eingefahren. Im laufenden Spieljahr 2009/2010 will die aktuelle Union-Führung die schwarzen Zahlen sogar verdoppeln.

Das Ziel ist ehrgeizig, aber wohl notwendig. Bis 30. Juni 2010 muss Union bei seinem Hauptgläubiger Michael Kölmel aus Leipzig rund 5 Millionen Euro Schulden abbauen. Der Unternehmer hat Union mit einer Finanzspritze gerettet, als den Eisernen einst das Wasser bis zum Hals stand. „Wir reden mit Kölmel über mögliche Symbiosen im Stadionbereich“, verkündet Zingler. Kölmel hat das WM-Stadion in Leipzig gebaut. Nun prüfen beide Seiten, ob die Stadionbetreibergesellschaften in Leipzig und Köpenick kooperieren können, etwa beim Wareneinkauf oder gemeinsamen Veranstaltungen.

Als Investor für die 15 Millionen Euro teure Haupttribüne, mit der ab 2010 begonnen werden soll, kommt Kölmel vermutlich nicht in Betracht. Auch wenn sich Beobachter einen solchen Deal als Kompensation für die bevorstehende Schuldentilgung vorstellen könnten.

Union will vielmehr die Beteiligung an dem ökonomischen Herzstück der Arena (die Haupttribüne soll Geldquellen wie Gastronomie oder VIP-Logen beherbergen) möglichst breit streuen, vor allem unter Mitgliedern und Anhängern. Ein Verkauf der Rechte am Stadionnamen, wie in anderen Städten durchaus üblich, stehe nicht zur Debatte, erklärt Zingler. JÜRGEN SCHULZ