Dreifach hält besser

Eiskunstlauf Der Spanier Javier Fernández kann zum dritten Mal Weltmeister werden, obwohl viele Konkurrenten besser springen

Schöne choreografische Ideen: Javier Fernández besticht auch mit seinem eigenwilligen Stil Foto: reuters

Egal ob er Charlie Chaplin auf dem Eis verkörpert, zu spanischen Klängen läuft oder ein Elvis-Presley-Medley interpretiert, die Programme des spanischen Doppelweltmeisters im Eiskunstlauf, Javier Fernández, sind stets etwas ganz Besonderes. Es ist das Gesamtpaket des 1,73 Meter großen Spaniers, das Publikum und Preisrichter gleichermaßen überzeugt: die gelungene künstlerische Interpretation, die ganz besondere Atmosphäre, die er aufs Eis zu zaubern vermag, schöne choreografischen Ideen, die hohe Sicherheit bei seinen Sprüngen, eigenwillige Pirouetten und nicht zuletzt seine Nervenstärke.

In Europa läuft Fernandez schon lange in einer eigenen Liga. Er holte fünfmal in Folge den Europameistertitel. Doch bei den Weltmeisterschaften in dieser Woche in Helsinki hat er Konkurrenten, die sprungtechnisch mehr können als er. Weltmeistertitel Nummer drei ist für den ersten Spanier, der im Eiskunstlauf internationale Titel holen konnte, darum alles andere als selbstverständlich. Der Eiskunstlauf der Männer ist in einem Wettstreit um möglichst viele verschiedene Vierfachsprünge angekommen. Fer­nán­dez macht diesen Wettstreit nicht mit. Der 26-Jährige konzentriert sich auf die Sprünge, die er mit vier Umdrehungen sicher beherrscht: den Toeloop und den Salchow.

Ein Konkurrent wäre zunächst der Japaner Yuzuru Han­yu, mit dem er in Kanada gemeinsam bei Meistermacher Brian Orser trainiert. Bereits vor den Weltmeisterschaften im letzten Jahr gestand Fernández ein, dass er den Trainingskameraden nicht schlagen könne, wenn diesem bei seinen Vorträgen alles gelingt. Doch der grazile Hanyu, der künstlerisch sehr stark ist, aber auch mehr Vierfachsprünge beherrscht als Fernández, scheiterte an seinen Nerven und seinem Hang zum Perfektionismus. Der Spanier hingegen konnte sich nach einem Sturz im Kurzprogramm wieder fangen und gewann überraschend sicher.

Doch in dieser Saison sind weitere Konkurrenten mit hohem Sprungvermögen dazugekommen: Da wäre der 17-jährige Amerikaner Nathan Chen, der letzten Monat die Vier-Kontinente-Meisterschaften gewann. Das ist ein Wettbewerb der besten Läufer aus Asien, Amerika, Australien und Afrika, sozusagen das Gegenstück zu den Europameisterschaften. Da wäre aber auch der kanadische Altmeister Patrick Chan, der Weltmeister von 2011, 2012 und 2013. Ein paar Jahre lang hatte er eine Flaute, lief der Weltspitze und seinem alten Leistungsvermögen hinterher. Doch in diesem Winter ist er wieder da. Und auch der 30-jährige Japaner Shoma Uno, der bei internationalen Meisterschaften noch nie eine Medaille gewonnen hat, macht in diesem Winter mit einer enormen Leistungssteigerung auf sich aufmerksam.

Der einzige deutsche Teilnehmer im Herrenwettbewerb, Paul Fentz, kann in dieser Klasse nicht mithalten. Der 25-jährige Berliner feiert sein WM-Debüt. Ihm fehlt es an Konstanz und Nervenstärke. Bei den Europameisterschaften erwischte er eine Sternstunde und wurde überraschend Zehnter. Bei einem Wettkampf im Februar hingegen fand er nach Stürzen nicht wieder in sein Programm. Ob es dem Berliner gelingt, in dem starken Herrenfeld einen deutschen Startplatz für die Olympischen Spiele im kommenden Jahr zu erlaufen, ist fraglich. Zwischen Platz 19 und 21 müsste er dafür erreichen. Eine zweite Chance für die Olympiaqualifikation besteht im September bei der Nebelhorn-Trophy in Oberstdorf. Die Deutsche Eislauf-Union hofft, dass bis dahin der lange verletzte Altmeister Peter Liebers, Fentz’Trainingskamerad, wieder sein Leistungsvermögen abrufen kann.

Fernández beteiligt sich nicht am ­Wettstreit der ­Vierfachsprünge

Einzige Medaillenhoffnung der Deutschen Eislauf-Union sind die Paarläufer Aljona Savchenko/Bruno Massot. Die Dritten des Vorjahres wollen nach einer überstandenen Fußverletzung der gebürtigen Ukrai­nerin mit ihrem gestiegenen künstlerischen Vermögen und dem dreifachen Wurfaxel die Konkurrenz hinter sich lassen. Bruno Massot hatte während der Verletzungspause seiner Partnerin Zeit, an der Sicherheit seiner Sprünge zu arbeiten. Das große Ziel des Duos ist der Olympiasieg im kommenden Winter. Marina Mai