Richard Rother über die Bilanz der Deutschen Bahn AG
: Güterbahn muss besser werden

Richard Lutz, oberster Lokomotivführer der Republik, will angreifen: mehr Investitionen, mehr Kunden, mehr Umsatz, mehr Gewinn. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt zeigte der neue Bahnchef, dass er dort weitermachen will, wo sein Vorgänger Rüdiger Grube aufhörte. Das mag vielen Kritikern zu wenig visionär sein; überraschend ist es aber nicht.

Schließlich ist die Bahn ein bundeseigenes Mobilitätsunternehmen, und in Berlin regiert eine große Koalition. Dass die Koalitionäre im Wahlkampf einen Chef bestimmen, der das Rad auf den Schienen neu erfinden will, war so wenig wahrscheinlich wie stets pünktliche Züge. Dies hätte ja bedeutet, dass falsch gewesen sein muss, wofür die Koalition bislang bahnpolitisch steht – so viel Selbstkritik findet sich bei keiner Regierung.

Das heißt selbstverständlich nicht, dass Kritik nicht berechtigt ist. Im Gegenteil. Zwar hat die Bahn Fahrgäste im vergangenen Jahr im Fernverkehr hinzugewonnen, aber nur wegen diverser Rabattaktionen. Ob die neuen Kunden länger bleiben oder sich doch wieder mit dem Fernbus in den Stau stellen, ist noch nicht ausgemacht. Besorgnis erregend ist die Lage im Güterverkehr, bei dem es deutliche Einbußen gab – trotz Wirtschaftswachstum und gestiegenem Verkehrsaufkommen. Hier muss die Bahn, unterstützt von der Politik, umsteuern. Nötig sind geringere Trassengebühren, die Beseitigung der Engpässe an Knotenpunkten und ein schnelleres Zusammenstellen von Zügen mit Einzelwagen.

Eine Sorge der Bahn bleibt Stuttgart 21. Der Bahnvorstand hält an dem Projekt fest, das er im Kosten- und Zeitplan wähnt – nach derzeitigem Stand. Und im April beginnt bei der S-Bahn in München schon das nächste Tunnel-Milliardending, Ausgang ungewiss. Ein Projekt aber, das auch häufig kritisiert wurde, steht im Dezember vor der Vollendung: die ICE-Rennstrecke Berlin–München. Wetten, dass die Fahrzeit von unter vier Stunden viele Vielflieger zu Bahnfans macht?

Wirtschaft + Umwelt