Schweben auf Kosten der Allgemeinheit

Viele Regionalflughäfen in NRW sind von Billig-Airlines und kommunalen Subventionen abhängig. Jetzt kritisiert der Verband deutscher Fluglinien die Strategie der Flugpisten in Weeze, Dortmund oder Mönchengladbach

RUHR taz ■ Mit dem Rücken zur Wand versuchen Mittel- und Kleinflughäfen in NRW alles, um ihre Stamm-Airlines zu halten. So wirbt der Dortmunder Flughafen mit niedrigen Lande- und Passagiergebühren. Behindert werden diese Bemühungen allerdings von einem Nachtflugverbot. Als der Flughafen sich im Sommer darüber hinwegsetzen will, gerät er in Konflikt mit der Bezirksregierung Münster. Die hatte 2004 beschlossen, dem hochverschuldeten Airport mit einer generellen Ausnahmegenehmigung für Spätlandungen entgegenzukommen. Davor musste jede Landung nach 22 Uhr einzeln genehmigt werden. Das Ergebnis: 21 Spätlandungen allein im August 2005. „Für uns riecht das nach einer Ausweitung der bestehenden Regelung durch die Hintertür“, sagt Stefan Bergmann von der Bezirksregierung.

Eine Ausweitung mit System: Allein 18 der 21 Verspätungen betrafen den so genannten „Mallorca-Shuttle“ von Air Berlin, offizielle Ankunftszeit 21.55 Uhr. Weil der Flug als Drehkreuzflug in Palma auf mindestens 13 Anschlüsse warten muss, sind Verspätungen vorprogrammiert. „Natürlich ist die Verspätung Flugplan immanent. Aber wir brauchen diesen Flug“, sagt Oliver Kurtz von der Flughafen Dortmund GmbH und verweist auf das grundlegende Problem: die Abhängigkeit der kleineren Airports von einzelnen Fluglinien. „Ich will ja keine Drohkulisse aufbauen, aber wenn man immer ausweichen muss, macht man sich schon Gedanken“, droht in Dortmund Air Berlin-Sprecher Peter Hauptvogel. Ein ähnliches Problem dürfte der „Airport Weeze“ am Niederrhein bekommen, sollte er sich mal nicht gefügig zeigen: Hier fliegt fast ausschließlich Ryanair.

Martin Gaebges, Generalsekretär der BARIG, des Verbands der in Deutschland tätigen Fluglinien, bezweifelt derweil, dass Weeze, Dortmund oder neuerdings auch Mönchengladbach überhaupt angeflogen werden müssen. „Die Kapazitäten für Luftverkehr sind in Deutschland großzügig vorhanden. Allerdings an den falschen Stellen“, sagt Gaebges. Für NRW sei nur eine Konzentration auf die Großflughäfen Köln/Bonn und Düsseldorf sinnvoll. Statt immer neue Flughäfen hochzusubventionieren, solle man lieber für vernünftige S-Bahn-Anbindungen an diese beiden sorgen. Das gegenwärtige Hofieren von Billigfliegern in der Peripherie sei Wettbewerbsverzerrung und die künstliche Generierung von Verkehr, außerdem volkswirtschaftlicher Unsinn, weil die Kaufkraft der Region mit den Fliegern ins europäische Ausland geflogen werde. Die einzigen, die von der Situation profitierten, seien die Billigairlines selbst, die sich ihre Treue zu einem bestimmten Flughafen teuer bezahlen ließen. Gaebges: „Eine Gesellschaft wie Ryanair ist dafür bekannt, dass sie wesentlich mehr Geld mitnimmt, als sie für die Region abwirft.“ Ob der Kreis Kleve sein 20 Millionen-Darlehen vom „Airport Weeze“ zurückerhalte, sei mehr als fraglich. Öffentliches Geld wird auch in Dortmund ausgegeben: Jeder Arbeitsplatz am dortigen Flughafen ist doppelt so hoch subventioniert wie ein Arbeitsplatz im Steinkohlebergbau. Allein im letzten Geschäftsjahr machte der Flughafen 30 Millionen Euro Verlust.

Ein letzter Strohhalm für die maroden Flughäfen soll nun die Fußball-Weltmeisterschaft sein. „Eine große Chance“, findet auch Oliver Kurtz vom Dortmunder Flughafen. Und um sich international nicht lächerlich zu machen und die Gewinnpotentiale der Abendspiele auszuschöpfen, müsse auch der Flughafen beweglich sein. „Es kann ja nicht sein, dass WM ist und abends nur die Supermärkte offen haben.“JOHANNES SCHNEIDER