Hannes Koch über Schäubles Haushaltsplanung
: Bloß nicht zu kurz freuen

Erstaunliche finanzielle Spielräume scheint der Entwurf des Bundeshaushalts für 2018 und die folgenden Jahre zu eröffnen. Wann gab es das schon mal: Keine Neuverschuldung, eine dicke Reserve von 18 Milliarden Euro, außerdem 15 Milliarden Euro jährlich, die Finanzminister Wolfgang Schäuble für eine Steuerreform ausgeben will – ebenfalls ohne zusätzliche Kredite. Doch der Eindruck, dass die gegenwärtigen goldenen Zeiten noch länger anhalten, könnte täuschen.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung weist schon darauf hin: Bald werden sich Einnahmen und Ausgaben im Bundeshaushalt wieder annähern und die Überschüsse werden verschwinden, unter anderem wegen steigender Kosten der Sozialversicherung. Deshalb wäre es problematisch, die Milliarden, die nur zeitweise in die Staatskassen fließen, für die Finanzierung langfristiger, permanenter Ausgaben einzuplanen. Mit temporären Einnahmen kann man nur temporäre Projekte bezahlen, zum Beispiel ein zusätzliches Investitionsprogramm in Infrastruktur und Bildung. Hier hat die neue Bundesregierung, die ab Herbst 2017 regiert, gute Möglichkeiten.

Für langfristige Steuerreformen müssen sich die Parteien aber eine Gegenfinanzierung überlegen – egal ob man die Mittelschicht entlasten will (Union) oder vor allem die Bürger mit geringen Einkommen (SPD). Angesichts der zunehmenden Polarisierung zwischen Arm und Reich bietet sich eine Variante des finanziellen Ausgleichs besonders an. Erhöhungen der Erbschaft-, Einkommen- und Gewinnsteuern würden dafür sorgen, dass in erster Linie Bezieher hoher Einkommen und Vermögen die Entlastungen finanzieren. Eine rot-rot-grüne Regierung könnte beschließen, dass Wohlhabende jährlich 1 Prozent des Bruttoinlandsprodukts zusätzlich zur Verfügung stellen. Das wären rund 30 Milliarden Euro. Damit hätte die neue Regierung Gestaltungsspielraum.

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