Türkei und Europa

Die Politik der Türkei hat eine handfeste Krise mit mehreren europäischen Staaten ausgelöst

Niederlande warnt bei Türkei-Reisen

EskalationDie Niederlande lehnen eine Bestrafung von Polizisten ab. Die Türkei bestellt den niederländischen Geschäftsträger ein

AMSTERDAM taz | Auch drei Tage nach der Eskalation von Rotterdam bleibt der Konflikt mit der Türkei das dominierende Thema in den Niederlanden. Außenminister Bert Koenders wies am Montag die türkische Forderung zurück, Polizisten wegen ihres Vorgehens gegen Pro-Erdoğan-Demonstranten juristisch zu verfolgen. Das Ministerium veröffentlichte zudem eine Reisewarnung. Wegen „diplomatischer Spannungen“ rief man die Niederländer auf, in der gesamten Türkei vorsichtig zu sein und Plätze und Versammlungen zu meiden.

Am Sonntagabend kam es in Amsterdam erneut zu Demonstrationen. Dabei protestierten etwa 250 türkischstämmige Bürger. Einige bewarfen die Polizisten mit Steinen, auch der Hitlergruß wurde gezeigt. 13 Demonstranten wurde festgenommen. Am späten Abend wurde ein Wasserwerfer eingesetzt, um den Platz zu räumen.

Die Türkei bestellte am Montag den Geschäftsträger der niederländischen Botschaft in Ankara ein. Der niedländische Sozialminister Lodewijk Asscher wiederum nannte den Vergleich der Holländer mit den Nazis „äußerst widerlich“.

Zwei Tage vor den Parlamentswahlen überschattet der Konflikt den Wahlkampf. Auffällig ist dabei die breite Zustimmung für das Vorgehen der Regierung und des Rotterdamer Bürgermeisters Aboutaleb. In einem Umfrage sahen 91 Prozent die Schuld für die Eskalation auf der türkischen Seite.

Die liberale VVD von Premier Rutte liegt nach der letzten Umfrage mit 24 Sitzen weiterhin knapp vor der PVV (22). Der langsame Anstieg der Christdemokraten setzt sich fort: Die Partei liegt nun gleichauf mit der PVV, gefolgt von GroenLinks (20) und den liberalen Democraten66 (17).

Besonderes Augenmerk liegt bei den Wahlen auf der neuen Partei DENK. Diese bezeichnet sich als „Partei aller Niederländer“, zielt aber vor allem auf die muslimische und speziell türkischstämmige Bevölkerung. Die Partei-Gründer Tunahan Kuzu und Selçuk Öztürk fallen durch eine latente AKP-Nähe auf.

Der Rat marokkanischer Moscheen in den Niederlanden (RMMN) klagt nun, die Partei setze Moscheen unter Druck, um eine Wahlempfehlung für DENK auszusprechen. Nach einem Rundfunkbericht existieren mehrere entsprechende Beschwerden. DENK weist die Vorwürfe zurück. Tobias Müller