LeserInnenbriefe
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Die Redaktion behält sich Abdruck und Kürzen von LeserInnenbriefen vor.

Die veröffentlichten Briefe geben nicht unbedingt die Meinung der taz wieder.

Mütter, Männer, Kamerun

Eingesperrt Diskriminierung kinderreicher Mütter in Deutschland? Zu viele Mütter in Uganda? Vergessenes Männerleid? Und wer schreibt Deniz?

Geteiltes Leid ist halbes Leid? Macht mehr Kinder! Foto: getty images

Kinderreich

betr.: „Von wegen Privatsache“, taz vom 8. 3. 17

Liebe Simone, Du und andere kinderlose Frauen, Ihr werdet jedenfalls nur von Knallköpfen diskriminiert, deren Dämlichkeit nicht angezweifelt wird, das geht Frau doch am Arsch vorbei!

Ich bin Akademikerin und Mutter von vier Kindern, die „natürlich“ keinen vernünftigen Job kriegte, die um Kindergarten- und verlässliche Schulzeiten kämpfen und sich rechtfertigen musste für die „selbst gewählte“ berufliche Benachteiligung, die sich von Männern und kinderlosen Frauen beständig fragen lassen musste, „was ich eigentlich so mache“, die sich sagen lassen musste, „eigentlich habe sich das Studium ja nicht gelohnt“.

Ich habe in meinem Leben viele Diskriminierungen erfahren, und zwar von angeblich „Progressiven“, die es eigentlich besser wissen müssten: studierten linken Männern, studierten kinderlosen Frauen, Menschen aus meinem Umfeld.

Die geben nun ihre Altersbezüge auf Kreuzfahrtschiffen aus oder spenden für das Gute in der Welt, und ich kriege – „selber schuld!“ – nur 550 Euro Rente. Ja, sie haben die Bildung meiner Kinder mit ihren Steuern bezahlt, aber wer zahlt ihre, Deine Rente?

Ich hab nicht fürs Vaterland gevögelt, sondern für die Rente derer, die mich zeitlebens diskriminiert haben.

Das ist auch nicht schön.

MARIA ZACHOW ORTMANN, Husby

Männerleid

betr.: „Was ist Sexismus?“, taz-Facebook-Post vom 8. 3. 17

Was Frau Theilmeier erfahren hat, ist nicht kleinzureden! Es tut mir leid, dass sie sich mit solchen „Matschos“ abgeben musste! Allerdings finde ich, dass die Diskussion über die Emanzipation der Frau sehr einseitig beleuchtet wird.

Ich denke, dass der klassische Machot­yp, der wildfremden Frauen auf den Hintern haut, ebendeshalb zum Macho wurde, weil ihm bisher nicht zugestanden wurde, sich als Mensch zu verhalten, zum Beispiel zu weinen, wenn etwas zum Weinen ist.

Als Mann wird einem genauso gesagt: Tu dies nicht, tu das nicht – du bist doch kein Mädchen!, wie einer Frau vorgeschrieben wird, wie sie sich zu verhalten hat.

Wenn mir als Mann von einer Arbeitskollegin auf den Hintern gehauen wird und ich das als sexistische Attitüde beim Chef melde (das habe ich erlebt), dann wird vom Herrn Chef gelacht: „Frau XX ist doch ’ne Süße, fühlen Sie sich doch geehrt ...“

Sorry, wenn Frauen Sexismus widerfährt, wird das wenigstens ernst genommen. Ich würde mir nur wünschen, dass man die Diskussion von beiden Seiten beleuchtet. PAUL ROHLEDER, Wintersdorf

Zeitverschwendung

betr.: „Q wie Qualifizierung“, taz vom 7. 3. 17

Auch derzeit gibt es sogenannte Qualifizierungsmaßnahmen.

Doch die Qualität dieser Maßnahmen lässt viel zu wünschen übrig, meist werden sie nur als „Zeitverschwendung“ angesehen, weil die Maßnahmen an sich wenig sinnvoll oder die Dozenten nicht kompetent genug sind.

Andere Arbeitslose wiederum kämpfen, vergeblich, um eine für sie passende Qualifizierung, wobei sie der Willkür der Ämter ausgesetzt sind.

Selbst die Bundesagentur für Arbeit musste zugeben, dass manches schiefläuft, schiebt die Schuld aber auf die ARGEn, die Jobcenter oder andere SGB-II-Konstrukte. Auf der Strecke bleiben die Arbeitslosen.

HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Überbevölkerung

betr.: „Katastrophe mit Ansage“, taz vom 4./5. 3. 17

In diesem Artikel wird als Ursachen für die Katastrophe mit Ansage genannt: Klimaextreme, Seuchen und Bürgerkriege.

Eine wichtige Ursache wird nicht benannt: die rapide Zunahme der Bevölkerung. Gerade in Uganda wächst sie extrem schnell.

Bei gleichem Wachstum wie heute würde die Bevölkerung dort bis zum Jahr 2100 um den Faktor 30 zunehmen, was einer Besiedlungsdichte von circa 5.000 Menschen pro ­Quadratkilometer entspräche.

In Afrika bekommen die Frauen im Schnitt 4,5 Kinder, und sie sind Oma, wenn in Deutschland die Frauen ihr erstes Kind bekommen.

Es gilt wohl als nicht sehr fein, dieses Problem auch nur anzusprechen.

Aber selbst Papst Franziskus hat sich das getraut. Dann sollte es die taz auch schaffen. THOMAS LANGE, München

Hund und Katze

betr: „Zu Höherem berufen“, taz vom 6. 3. 17

Das habe ich noch nie verstanden: Wer Katzen mag, mag keine Hunde und umgekehrt. Ist das die Lust an der Frontenbildung? Die Jäger sollten mal Waschbären schießen; Nesträuber ohne natürliche Feinde. Machen sie aber nicht ausreichend, weil die kein Geweih tragen und schwerer zu jagen sind als Katzen oder Hunde. Katzen und Hunde sind sehr interessante Wesen, die seltsamerweise die Menschennähe suchen. Was soll die Aufregung?

BRITTA FLEGEL, Höhbeck

Pressefreiheit!

betr.: „Journalismus ist kein ­Verbrechen“, taz vom 1. 3. 17

Liebe taz, vielen Dank für die umfassende Berichterstattung zur Unterdrückung der Pressefreiheit in der Türkei.

Ich habe die taz zum Menschenrecht Pressefreiheit vorsichtshalber in einen Umschlag gesteckt und an die türkische Botschaft in Berlin geschickt ... Eine kleine hilflose Geste, aber besser als nichts.

Solidarische Grüße und viel Durchhaltevermögen für Deniz Yücel und die über 150 anderen inhaftierten JournalistInnen!

ULRIKE BICKEL, Berlin

Kamerun

betr.: „Operation Geisterstadt gegen die Repression“, taz vom 21. 2. 17

Danke für die faktenreiche Berichterstattung über die angespannte Situation im anglophonen Teil Kameruns. Sie erweckt jedoch den unzutreffenden Eindruck, die Empörung über den französisch geprägten Imperialismus sei von außen gesteuert. Ich bin gestern erst aus der Südwestregion zurückgekehrt: Die Erbitterung über die Abschaffung der lange Zeit gelungenen Zweisprachigkeit des Landes prägt alle Gespräche in den Familien und auf der Straße.

Nicht die Kindergärtnerinnen, Lehrer oder Dozenten streiken, sondern die Eltern schicken ihre Kinder nicht mehr in die Einrichtungen, die Studenten bleiben zu Hause; nicht die Richter und Justizangestellten streiken, sondern die Rechtsanwälte treten nicht mehr vor Gericht auf, weil sie dort nicht mehr verstanden werden.

Es wird berichtet, dass selbst ein Richter eines Obersten Bundesgerichts wegen kritischer Äußerungen eingesperrt worden sei. Hunderte Strafverteidiger haben sich ihm zur Seite gestellt.

Als besondere Demütigung und Freiheitsbeschränkung wird die Abschaltung des Internets im ­anglophonen Teil Kameruns empfunden.

Sie stellt die Verletzung eines Menschenrechts auf informationelle Selbstbestimmung dar und wohl auch einen Bruch internationalen Rechts. JENS HERBST, Weinsberg