Nur noch eine Frage von vielen Jahren

Abgeordnetenhaus Die Opposition kritisiert Regierungs- und Aufsichtsratschef Michael Müller (SPD) für die Entlassung von Flughafenchef Karsten Mühlenfeld – und verschiebt die BER-Eröffnung gleich bis ins Jahr 2021

Berlin will sich am Freitag im Bundesrat bei der Abstimmung über sichere Herkunftsländer enthalten. Das erfuhr die taz am Rande der Sitzung.

Auch wenn ihre Parteien es fordern oder schon praktizieren: In der Verfassung wollen die Fraktionen von SPD, Grünen und Linke dann doch nicht festschreiben, dass Senatoren nicht zugleich Abgeordnete sein können. Diese Trennung von Amt und Mandat hatte die AfD gefordert und an die Grünen-interne Kritik an Wirtschaftssenatorin Ramona Pop angedockt: Die will Abgeordnete bleiben, genau wie vier SPD-Senatsmitglieder. Ihre Linkspartei-Kollegen hingegen haben ihre Mandate niedergelegt.

Eine von mindestens fünf mobilen Polizeiwachen soll am Kottbusser Tor stehen. Das kündigte Innensenator Andreas Geisel (SPD) an. Die Lage dort beobachte er „mit großer Besorgnis“.

Der Senatskanzlei zufolge war kein Mitglied der rot-rot-grünen Regierung für die Stasi tätig. Um die Überprüfung der Abgeordneten soll sich das Gremium „Ehrenrat“ kümmern. (sta)

von Stefan Alberti

2017? Längst abgeschrieben! Erst 2019 könnte es mit der Eröffnung des Flughafens BER sicher klappen, meint offenbar die Unternehmensberatung Roland Berger. Rein rechnerisch wären die Berater mit dieser Prognose nicht etwa Pessimisten, sondern eher moderat: Die AfD sah am Donnerstag im Abgeordnetenhaus den BER erst 2020 eröffnen, FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja nahm sogar die 2021 in den Mund. Das wäre dann neun Jahre nach der mal für Juni 2012 angekündigten Eröffnung.

Laut Tagesordnung ging es allein um einen CDU-Antrag, dem zufolge im Aufsichtsrat der Flughafengesellschaft – die Berlin, Brandenburg und dem Bund gehört – mehr Experten von außerhalb und weniger Politiker sitzen sollten. Aber nach den jüngsten Rauswürfen am BER ist das bloß die Plattform für grundsätzliche Kritik. Regierungschef Michael Müller (SPD), noch Aufsichtsratschef der Flughafengesellschaft, muss sich massive Kritik der Opposition dafür anhören, dass er die Entlassung des bisherigen Vorstandschefs Karsten Mühlenfeld durchsetzte. „Auf der Zielgeraden“ entlasse Müller jemanden, „der für Kontinuität steht und diese Baustelle vielleicht vor 2021 hätte eröffnen können“, sagt FDP-Mann Czaja.

Mühlenfeld hatte zuvor gegen den Willen des Aufsichtsrats seinen Planungschef Jörg Marks, den eigentlichen Bauleiter, rausgeworfen. Das setzte ein ganz spezielles Personalkarussell in Gang: Müller entließ Mühlenfeld und holte Marks zurück, machte seinen eigenen früheren Baustaatssekretär Engelbert Lütke Daldrup zum neuen Flughafenchef.

Für sich selbst kündigte der Regierungschef an, jetzt, anders als erst vor wenigen Wochen festgezurrt, doch nicht mehr Aufsichtsratschef sein zu wollen: wegen zu großer Nähe zu Lütke Daldrup, der zuletzt direkt bei ihm in der Senatskanzlei arbeitete. Auch die erst gerade in das Kontrollgremium gerückten Senatoren Klaus Lederer (Linkspartei) und Dirk Behrendt (Grüne) sollen gleich wieder raus, Staatssekretäre ihren Job übernehmen. „Kein politisches Kabarett, keine Aschermittwochsrede wird ihrer rot-rot-grünen Wirklichkeit gerecht“, spottete CDU-Vizefraktionschef Stefan Evers. „Chaostage vor den Augen der ganzen Republik“ sind das für ihn.

„Chaostage vor den Augen der ganzen Republik“

Stefan Evers (CDU)

Evers selbst muss sich für sein Rufen nach Experten gleich doppelt Spott von Exwirtschaftssenator Harald Wolf (Linkspartei) anhören: weil ja für die CDU bis vor wenigen Monaten noch ihr damaliger Senator Frank Henkel im Aufsichtsrat saß, alles andere als ein ausgewiesener Bau- und Verkehrsfachmann. Und weil das mit den Experten aus Wolfs Sicht auch nicht hilft, was sich am Skandal um die Berliner Bankgesellschaft 2001 ablesen lasse – „da saß die Crème de la crème der deutschen Wirtschaft im Aufsichtsrat.“ Für völlig absurd hält es Wolf, „jetzt die Debatte um Tegel zu führen“.

Das aber macht auch an diesem Donnerstag die FDP, die treibende Kraft beim Flughafen-Volksbegehren „Berlin braucht Tegel“. 120.000 der für einen Volksentscheid nötigen 174.000 Unterschriften will man da schon zusammenhaben, und kurz vor Sammelschluss am 20. März taucht nun im Parlament noch eine Hilfstruppe auf: „Wir als Realisten unterstützen das Volksbegehren“, sagt der AfD-Abgeordnete Frank-Christian Hansel. SPD-Mann Jörg Stroedter kontert mit dem Hinweis, dass ein Tegel-Weiterbetrieb mit großen Kosten verbunden sein würde: Ab 2019 wäre dort Schallschutz vorgeschrieben – „das kostet Milliarden“.

Regierungschef Müller selbst, der trotz aller Probleme lange weiter von einer Eröffnung 2017 sprach, er sieht sich an diesem Donnerstag weit weg von der nächsten, neuen Terminankündigung. Da erkennt er sowieso ein Überangebot: „Ich glaube, es gibt so gut wie kein Datum, das nicht in der Diskussion ist.“