THEATER

TheaterEsther Slevogtbetrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Der Kampf um Leben und Tod, der in diesem Stück gekämpft wird, hat mythische Züge. Doch sieht man sich die Typen an, die ihn kämpfen, ist das Mythische nicht gleich ersichtlich: Es handelt sich um einen Holzhändler und den Angestellten einer Leihbücherei. Ihre Namen sind schon weniger geläufig, Shlink und Garga heißen sie. Es war kurz nach dem Ersten Weltkrieg, da schrieb ein junger Dramatiker namens Bertolt Brecht sein Stück „Im Dickicht“, das von ebendiesem Kampf zwischen dem Holzhändler Shlink und dem Büchereiangestellten Garga handelt. Und dieser Kampf ist natürlich ein Klassenkampf: Reich gegen Arm, oben gegen unten. Schauplatz ist eine Riesenmetropole namens Chicago, ein Moloch von Stadt, die aber ebenso fiktiv ist, wie (let’s say) Karl Mays Wilder Westen. Als Brecht „Im Dickicht“ schrieb, war er noch nicht vom didaktischen ­Weltverbesserungsfuror erfasst, der seine späteren Lehrstücke prägen sollte. Hier herrscht noch wildes expressionistisches Enigma, was gerade der Reiz der Sache ist. Im Gorki Theater nimmt sich nun Sebastian Baumgarten mit „Dickicht“ dieses Stoffs an, und zwar unter Mitwirkung einiger Stars des Ensembles, darunter Taner Sahintürk, Dimitri Schad und Thomas Wodianka (Gorki Theater: „Dickicht“, Premiere 11. 3., 19.30 Uhr).

Von einem Kampf handelt auch die neue Produktion des Grips Theaters, von einem Kampf gegen Konventionen nämlich. Der diesen Kampf kämpfen muss, ist ein junger Berliner namens Nasser Al-Ahmad, und er ist 15 Jahre alt. Als ältester Sohn ist er der Liebling der Familie, doch mit zunehmendem Alter wird seine Erziehung streng: Musik ist haram, Fernsehen und Internet nur eingeschränkt erlaubt. Als er 15 Jahre alt ist, entdeckt er die schwule Partyszene Berlins und outet sich schließlich auf Facebook. Als seine Eltern davon erfahren, ist sein bisheriges Leben zu Ende. Diesen Nasser Al-Ahmad und seinen Kampf um Selbstbestimmung gibt es wirklich, 2015 bekam er den Respektpreis des „Bündnisses für Homophobie“. Auf der Basis von Gesprächen, die Susanne Lipp mit Al-Ahmad geführt hat, entstand das Stück „Nasser #7 Leben“.Es inszeniert Maria Lilith Umbach (Grips: „Nasser #7 Leben“, Uraufführung 14. 3., 18 Uhr).

Eine Totalattacke auf jede Konvention ist auch Mozarts Oper „Don Giovanni“, die am 9. März wieder auf dem Spielplan der Komischen Oper steht. Und zwar in der rasenden wie aberwitzigen Inszenierung von Herbert Fritsch. Auch hier ein Papa, der lieber sein Leben als die Ehre seiner Tochter verliert. Und überall droht der (Ehren-)Mord. Hingehen! (Komische Oper: „Don Giovanni“, 9., 17. & 24. 3. , jeweils 19.30 Uhr)