Kommentar Nordirland-Wahl: Vorsichtiger Fortschritt
Die protestantische Democratic Unionist Party verliert Stimmen und muss nun koalieren. Sie hatte als einzige Partei für den Brexit gestimmt.
D ie Wahl zum nordirischen Regionalparlament am Donnerstag hat die politische Landschaft der ehemaligen Krisenprovinz verändert. Die protestantische Democratic Unionist Party (DUP) hat einen Dämpfer erhalten und kann nicht mehr länger regieren, ohne Rücksicht auf den katholisch-nationalistischen Koalitionspartner Sinn Féin zu nehmen.
Es ging ja nicht nur um die absurden Subventionen für grüne Energie, die der DUP geschadet haben – sondern auch um den Brexit, den die DUP als einzige nordirische Partei befürwortet hat. Die Mehrheit der Nordiren befürchtet, dass der aufgrund des Friedensprozesses erreichte Aufschwung und die offenen inneririschen Grenzen durch den Brexit zunichtegemacht werden könnten. Das erklärt die hohe Wahlbeteiligung, die Sinn Féin zugute kam, weil sich die Partei für den Verbleib in der EU einsetzt.
Zum ersten Mal gab es auch vorsichtige Anzeichen, dass die Trennlinien zwischen den katholisch-nationalistischen und protestantisch-unionistischen Lagern überschritten worden sind. Die Social Democratic and Labour Party (SDLP) und die Ulster Unionist Party (UUP), die vor nicht allzu langer Zeit die Politik in Nordirland dominierten, hatten vor der Wahl dazu aufgerufen, in bestimmten Wahlkreisen die Zweitstimme der jeweils anderen Partei zu geben, um die gemäßigten Fraktionen im Regionalparlament zu stärken.
Das hat bedingt geklappt. Es waren nur wenige Wähler, die dem Aufruf gefolgt sind, aber diese haben in einigen Wahlkreisen den Ausschlag gegeben, sodass die DUP dort Sitze verlor.
Positiv ist auch zu vermerken, dass die DUP nicht die für ein Veto notwendigen 30 Mandate bekommen hat. Nun könnte Nordirland theoretisch ins 21. Jahrhundert eintreten und zum Beispiel gleichgeschlechtliche Ehen sowie Abtreibung legalisieren, was die DUP bisher verhindert hat. Aber: Sinn Féin hat sich in solchen Fragen in der Vergangenheit bisweilen ebenfalls wenig fortschrittlich verhalten.
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