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Happy Birthday, Monika DöringDie Szeneveteranin

Musikalisch bewegt von den Neubauten bis Goa-Trance: Die „Veranstalterlegende“ und Loft-Macherin Monika Döring feiert am Sonntag ihren 80.

Monika Döring 2017 in Berlin Foto: Steffi Loos

Sie mag es heiß. Zwischen dem Lächeln des Buddhas und dem Plätschern des Brunnens kann man Goa erahnen auf diesem Dach in Neukölln. Im Duft von Datura und Oleander, unter einer dicken Schlange in Schwarzlichtfarben sitzt ein Paradiesvogel mit einem platinblonden Haarschopf. Stadtbekannt ist der, von Berghain bis Radialsystem und Volksbühne. Stadtgeschichte hat sie geschrieben, diese Frau, eine Ikone war Monika Döring schon in den 1980er Jahren.

Es ist heiß. Schwitzende Körper wälzen sich in einem Gemisch aus Mehl und Eiern, tanzen Pogo vor der Bühne, bis sie wieder im Schlamm landen. Fun Punk der Marke King Kurt. Welcher Veranstalter bucht bitte wissentlich das Chaos? Oder die Sache mit den Kettensägen. La Fura dels Baus laufen schreiend mit Mordwerkzeugen durchs Publikum, die vorderen Reihen werden mit Stierblut besudelt.

Zwei von 800 Bands aus 19 Ländern in 500 Konzerten, die Monika Döring ab 1983 in ihren sechs Jahren Loft Concerts promotet hat, vor allem im Loft, dem Club über dem Metropol am Nollendorfplatz. Tuxedomoon, Cabaret Voltaire, Sonic Youth, Wire, Cocteau Twins, Diamanda Galas, natürlich Nick Cave und die Einstürzenden Naubauten: Zehnmal haben sie für Monika gespielt.

Immer wurden Berliner Bands (Die Ärzte!) mit den Stars gepaart, so schafft man Szene. „Das war schon der aufregendste und beglückendste Teil meines Lebens“, sagt sie – ihre Begeisterung teilen zu können für diese „unverbrauchte Energie, gegen alle Normen“, größtmögliches „Sharing“ bei kleinem Eintritt.

Gerade der retro-orientierte Betrachter von heute steht staunend vor diesem in Konzertdaten gegossenen Zeitgeist. Wie muss das wohl gewesen sein, den sagenumwobenen Residents ins Auge geblickt zu haben? Die junge Björk, strumpfsockig, Bad Brains, Swans, Abwärts als Vorband von Johnny Thunders … 1983 die Toten Hosen und die ersten Rapper: Newtrament, später Public Enemy und Run DMC. Dazu Monikas Abenteuerlust. Sie fliegt nach Moskau, in der DDR entdeckt sie AG Geige, das Folgeprojekt Raster Noton ist heute ihre Lieblingsmusik.

Salon Döring

Ein opulentes Buffet, ausgelassene junge Menschen mit interessanten Frisuren. Ein paar hungrige Stars, Ratten-Jenny sitzt mit zerlöcherten Strümpfen an der Wand. Ein Mann mit Bart und strahlenden Augen: Heiner, der Mann an ihrer Seite. Hinter ihm lacht die Frau an ihrer Seite: Irmgard „Irmchen“ Schmitz, Assistentin und beste Freundin. Ein platinblonder Haarschopf über einer sprudelnden Sektflasche. Das Backstage des Loft.

Weltweit eilte diesem der Ruf voraus, dass Musiker dort verwöhnt werden und auch sonst alles möglich ist. Eigentlich ist es ein Salon wie im Paris des 18. Jahrhunderts, wo philosophiert, gegessen (das Buffet ist von Monika) und getrunken wird – und dieser Salon setzt sich zu Hause fort in der Döring’schen Wohnung.

„Ich habe darüber nachgedacht, warum ich so alt geworden bin“, sagt sie. „Es sind die Glücksmomente. Glück durch Entdeckungen. Ich bin ständig auf der Jagd nach neuen Impulsen, eine Glücksjägerin aus Leidenschaft. Leidenschaft für neue Töne, für gute Bücher, für bildende Kunst.“

Kein Wunder – die Großmutter hatte eine Musikalienhandlung, Vater und Schwester waren Opernsänger, Tante und Onkel Maler, sie stammt aus dem weiteren Familienkreis des ungarischen Poeten Endre Ady. Aufgewachsen mit klassischer Musik, verfiel Monika bald dem Freejazz, war Schauspielerin, Das Kollektiv „Das politische Buch“ und das Schwarze Café am Savignyplatz sind weitere Stationen.

Den Freejazz entdeckt sie dann im Punk wieder und holt ab 1981 Blurt, Adrian Sherwood, Neneh Cherry und Caspar Brötzmann für Konzerte in die Steglitzer Music Hall. Ehemann Heiner kannte sie aus der Studentenbewegung, er unterstützt sie bedingungslos. Als Kunstlehrer teilt er ihre Vorlieben, in der Wohnung der beiden sitzt man unter riesigen wilden Gemälden von Jürgen Zumbrunnen und Das Lotron.

Einmal steht um zwei Uhr morgens Winston Tong von Tuxedomoon vor der Tür, eine Torte in den Armen. Wie sich das für einen guten Salon gehört, wird die auch gleich von allen zusammen verspeist – und zwar im Döring’schen Bett.

Die Jungs

„Halbzeit, Monika!“ steht groß und fett auf den Plakaten. Die ganze Stadt ist zugeklebt damit.

Das war vor genau dreißig Jahren, ein Geburtstagsgeschenk von „meinen Jungs“, wie Monika ihre Plakatierer, Stagehands, Bandbetreuer, Einlasser und Security nannte. Es waren drei, die all das machten, alle drei hatten eine eigene Band. Einer davon ist Mark Reeder, über den man alles aus der Doku „B-Movie: Lust & Sound in West-Berlin 1979–1989“ weiß. Chaos, auch ein Punk-Blondschopf, residiert heute in seinem Szene-Lokal Pinguin-Club.

Und Michael Schäumer, Veranstalter des ersten New-Order-Konzerts in Deutschland. Mit seiner Birthday-Party-Tour macht er 1981 in der Music Hall bei Monika Station. „Wir waren wirklich wie eine Familie“, sagt er, „wir hatten alle die gleiche Begeisterung für die gleiche Musik.“ Unter seinen Favoriten ist das „Mythen, Monster, Mutationen“-Festival, das „Atonal vor dem Atonal“, wie er es nennt, das Monika im Tempodrom ihrer guten Freundin Irene Moessinger abhielt.

Schäumer hilft auch bei der Ausrichtung von Monikas Geburtstagsparty in einem Club heute am Samstag, um reinfeiern zu können in den Sonntag, wenn sie dann wirklich 80 wird. Trance-DJs werden auflegen. Als Schäumer mal fragt, ob sie nicht auch eine Band will, kommt die Antwort: „Um Himmels willen.“

Next Stop San Fran Goa

„Ich kann auch Kapitel abschließen“, meint Monika, und sie meint damit nicht, dass sich ihr Geschmack verändert, nein, er erweitert sich. Wenn die Innovation nicht mehr da ist, die Impulse nicht mehr feuern, dann muss die Glücksjägerin weiterziehen. 1988 konnte sie keine Gitarren mehr hören, auch sie war infiziert vom Dance-Virus und übergab ihr Loft an Irmchen und an Axel Schulz.

Urlaub stand an, aber daraus wird mehr. San Francisco wird zur neuen Lebensetappe. Die Szene der Stadt nimmt sie gefangen, besonders die Goa-Trance-Szene: „Sehr hart, sehr schnell, sehr spirituell.“ Auch dort wird ihre Bleibe wieder zum Salon, Treffpunkt für die deutschen Künstler in San Francisco wie Peter Ziegelmeier, der mit Goa Gil die Band Kode IV hat.

Goa Gil ist ein hochverehrter Mann dieser Musik, Psy-Trance-DJ und Begründer der Full Moon Partys in Goa. Monika hat eine neue Mission, sie holt Goa Gil nach Berlin und taucht ganz in den Psy-Trance-Underground ab. Seit 1996 kommt Gil jeden Sommer und spielt in ganz Europa, Magnet für alle Goa-Jünger sind die drei Tage im Berliner Umland „auf dem Acker“, Gil spielt 25 Stunden am Stück.

Seit 1996 verbringt Monika fast jeden Winter in der Hitze Goas, nur dieses Jahr nicht. Sie schenkt dafür ihren Freunden eine Party zur Feier von 80 Jahren voller Power. Der Freundeskreis ist bunt und groß, denn das sind die Freunde von heute, von gestern … und von vorgestern. Wer weiß, vielleicht taucht auch Winston Tong mit Torte auf.

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1 Kommentar

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  • Om namah Shivaya!