Lachen in der Kunst
: Arbeitan derErkenntnis

Hamburger Kunsträume

von Hajo Schiff

Nicht nur in einem gewissen weißen Haus folgt eine Lachnummer auf die nächste, vor allem im katholischen Süden Deutschlands tobt jetzt der Karneval. „Hier alle, die das interessiert“, lautet der Text, zu dem die Berliner Verkehrsbetriebe eine Werbung mit einer völlig leeren U-Bahn zeigen. Es ist gut zu begründen, dass solcher Ernst auf den Einfluss eines älteren Herrn namens Martin Luther zurückgeführt werden kann – was wiederum für eben diese Ernsthaften ein Grund zum ausgelassenen Feiern ist.

Und Ernst gilt noch viel mehr für die Kunst. „Darf man über Künstler lachen?“, fragte einst der Hamburger HfbK-Prof Wolfgang Oppermann mit einer sehr witzigen Zeichnung. Die Antwort ist selbstverständlich nein. Kunst ist der Bereich, in dem auch die Witze ernst sind. Jan Holtmanns „No-Room-Gallery“ hat letzte Woche ihr 20-jähriges Jubiläum mit einer Karnevals­party gefeiert. Aber mit allem gebotenen „Als-Ob“: mit intelligenten Vorträgen und Unterschriftenlistenlisten gegen Fasching und Zwangsverkleidung. Allerdings, wer nicht verkleidet war, bekam kein Bier. Der Norddeutsche, speziell der Intellektuelle, hat’s gern mit ein paar Metaebenen. Denn auch Satire ist ja mehr als ein Scherz, sie ist Arbeit an der Erkenntnis.

Lachen kann man in der Kunsthalle aktuell über einen Holzschnitt, der die berühmte antike, höchst tragisch-theatralische Laokoon-Gruppe in Form von Affen persifliert – immerhin eine Bildidee von Tizian. Aber sonst? In der Sammlung Falckenberg in den Harburger Phoenixhallen geht es zurzeit todernst um das wahnwitzig weltverwurstende Werk der Hamburgerin Hanne Darboven. Deren einzigartige Schreibkunst-Qualen sind so ernst, dass es einem den Atem raubt.

Jenseits des Kunstzusammenhanges könnte man das alles für schwerst manisch-depressiv halten, für eine immerhin intelligente Aktion, sich selbst mit System aus dem Sumpf der Verzweiflung zu ziehen. Am heutigen Samstag ist das bei freiem Eintritt von 12 bis 17 Uhr zu begutachten. Neutrale schwarze Kleidung nicht vergessen!