Die Wölfe kommen

Angst Das Umweltressort bestätigt die erste eindeutige Wolfssichtung in Bremen. Landwirte haben Angst um ihre Tiere, der Nabu beschwichtigt

Foto: Wolfsfoto: dpa

Nun ist es offiziell: Das Umweltressort hält eine Wolfssichtung vom 22. Februar für eindeutig bestätigt. Das vermutlich männliche Tier war auf einem Hof in Bremen-Rekum gesichtet worden. Scharfe Fotos des Wolfes und Zeugenaussagen ließen einen Experten des Umweltressorts zu dem Schluss kommen, dass es sich um einen Wolf handele.

„Es werden in Zukunft sicher weitere Wölfe nach Bremen kommen“, sagt Marcus Henke, Vizepräsident der Landesjägerschaft Bremen. Die Wolfspopulation wachse in Deutschland jährlich um 30 Prozent. Zudem gebe es schon lange zahlreiche bestätigte Sichtungsmeldungen von einzelnen Wölfen und Wolfsrudeln aus dem Landkreis Osterholz. Bereits am 28. Januar und am 9. Februar meldete die Landesjägerschaft Bremen Wolfssichtungen, die das Umweltressort jedoch nicht für eindeutig hielt.

Die Bremer Landwirte sind deswegen besorgt. „Wölfe legen bei ihren Wanderbewegungen zwischen 60 und 80 Kilometer pro Nacht zurück“, sagt Heike Klatte, Geschäftsführerin des Bremischen Landwirtschaftsverbandes. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis die Wölfe auch in die Außenbereiche Bremens vordrängen. Klatte sieht es als problematisch an, Nutztiere ausreichend vor Wölfen zu schützen. „Um eine Herde zu schützen, müssen die Weideflächen mit Elektrozäunen umstellt werden“, so Klatte. Dies sei teuer und extrem arbeitsintensiv. „Mit der Aufstellung der Zäune ist es nicht getan“, sagt Klatte. Der Strom könne nur fließen, wenn das Gras um den Zaun gestutzt sei. Die meisten Landwirte hätten für ständige Mäharbeiten aber keine Zeit.

Viele Bremer Weidegebiete wie das Blockland oder die Borgfelder Wümmewiesen liegen in Naturschutzgebieten. Dort dürfen feste Zäune nur mit Genehmigungen der Naturschutzbehörde aufgestellt werden. Die Antragstellung bedeutet einen weiteren Mehraufwand für die Landwirte.

Klatte möchte am liebsten gar keine Wölfe in Bremen haben. Der Wolf gehöre nicht in dicht besiedelte Regionen oder an Orte, wo viel Tierhaltung betrieben werde. „Der Lebensraum der Wölfe soll auf Truppenübungsplätzen, Bergbaugebieten oder auf ostdeutsche Regionen, wo sie schon leben, begrenzt werden“, sagt die Landwirtin.

„Ein Wolfsrudel lebt in einem etwa 300 Quadratkilometer großen Revier“, sagt Annette Siegert, Wolfsbotschafterin beim Nabu Bremen. So groß sei fast kein Truppenübungsplatz. Außerdem sei es absurd, den Lebensraum des geschützten Tieres einzuschränken. „Die Wolfspopulation hat noch nicht das Maß erreicht, dass sie ohne den Schutzzustand überleben kann“, so Siegert. Es sei sehr unwahrscheinlich, dass sich Wölfe in Bremen dauerhaft niederlassen würden, weil es auch hier nicht genügend Rückzugsraum gebe. Trotzdem sei zu befürchten, dass Wölfe aus Niedersachsen auf Beutesuche in die Bremer Außenbereiche ziehen würden.

Aktuell gibt es in Bremen noch keine Strukturen für mögliche Entschädigungen für Landwirte bei Wolfsrissen. „Bisher hat es noch keine Zwischenfälle mit Wölfen in Bremen gegeben“, sagte Umweltstaatsrat Ronny Meyer vergangene Woche in der Bürgerschaft. Bremen sei flächenmäßig so klein, dass es kein eigenes Wolfskonzept brauche. Stattdessen sei es ausreichend, die in Niedersachsen entwickelten Strategien auch in Bremen anzuwenden. Außerdem möchte der Senat eine Verwaltungsvereinbarung zur Mitnutzung des niedersächsischen Wolfberatungsnetzes und des Wolfsbüros mit Niedersachsen noch bis zum Sommer schließen. Der Umweltstaatsrat betonte, dass sich Bremen in der Verpflichtung sieht, Landwirte bei Wolfsrissen zu entschädigen. „Die Bremer und niedersächsischen Landwirte sollen nicht ungleich behandelt werden“, so Meyer.

„Der Lebensraum der Wölfe soll auf Truppenübungsplätze, Bergbaugebiete und ostdeutsche Regionen begrenzt werden“

Heike Klatte, Bremischer Landwirtschaftsverband

Bei einem runden Tisch Anfang März soll über Ausgleichszahlungen und den Umgang mit den Wölfen gesprochen werden. Die Umweltbehörde lädt dazu die Landwirtschaftskammer, den BUND, den Nabu und die Landesjägerschaft ein.

Vanessa Reiber