Zwei Kandidaten und ein halber

Entweder Bildungssenator Willi Lemke oder der SPD-Fraktionsvorsitzende Jens Böhrnsen: einer von ihnen wird vermutlich neuer Bürgermeister, möglicherweise nach einer Mitgliederbefragung – gegen die der dritte Kandidat ist

bremen taz ■ Die SPD-Führung macht Tempo. „Wir wollen so schnell wie möglich einen Nachfolger für Henning Scherf“, sagt Landeschef Carsten Sieling. Er führt bereits intensive Gespräche mit Aspiranten für das Amt des Bürgermeisters. Heute Abend will er dem Landesvorstand „einen oder mehrere Kandidaten“ vorschlagen. Gibt es mehrere Anwärter, ist wahrscheinlich, dass die SPD-Spitze die rund 5.500 Mitglieder der Partei befragt, wer der nächste Präsident des Senats werden soll. Der neue Bürgermeister brauche „eine besondere Legitimation“, sagt Sieling.

Die beiden heißesten Anwärter sind Bildungssenator Willi Lemke und SPD-Fraktionschef Jens Böhrnsen. Ex-Werder Bremen Manager Lemke (59) ist der bekanntere und im Wahlvolk beliebtere Kandidat. Er könnte am ehesten Henning Scherf als Wahllokomotive ersetzen. Doch der Bildungssenator ist in der Bürgerschaftsfraktion und bei einigen Parteifunktionären nicht besonders wohl gelitten. Sie stört Lemkes bisweilen hartes Auftreten, seine Unlust zur Indiskretion und sein unkonventionelles politisches Denken.

In der Fraktion hat Jens Böhrnsen seine Unterstützer. Viele schätzen den unprätentiösen Führungsstil des 60-Jährigen, den allerdings außerhalb des politischen Zirkels kaum jemand kennt. Dürfen die Delegierten des Landesparteitags entscheiden, wer an die Spitze der Regierung tritt, wird der nächste Bürgermeister vermutlich Böhrnsen heißen. Entscheiden die GenossInnen an der Basis, steigen Lemkes Chancen.

Böhrnsen könnte eher als Lemke den Kontakt zum Koalitionspartner verbessern. Er ist ein geschickter Verhandler, kennt die parlamentarischen Spielchen. Zum Problem für den ehemaligen Richter könnte werden, dass er als Fraktionschef ein wenig das soziale Gewissen der Partei spielte, etwa bei seiner Absage an einen Gewoba-Verkauf, den das Rathaus kalkulierte. In der Regierung wird Böhrnsen sich hingegen als Sparkommissar gerieren müssen.

Schwierig wird die Lage auch für den Koalitionspartner CDU: „In die Fußstapfen von Henning Scherf – ohne den möglichen Nachfolgern zu nahe zu treten – passt von der Bremer SPD so leicht keiner“, heißt es in einer Erklärung. Die Union erwarte ein klares Bekenntnis der Partei zur großen Koalition.

Nicht ohne Grund: In der SPD gibt es viele, die aus der von nicht wenigen als lähmend empfundenen großen Koalition ausbrechen wollen. Kontakte zu den Grünen gibt es genug. Und wenn die beiden Parteien bei der Bürgerschaftswahl im Frühjahr 2007 nicht völlig einbrechen, dürfte es erneut für eine Mehrheit reichen.

Böhrnsen und Lemke wollten sich gestern nicht zu ihren Koalitionspräferenzen und Ambitionen auf den Senatschefsessel äußern. Dafür wirft ein anderer seinen Hut in den Ring: Der Bundestagsabgeordnete Volker Kröning überlegt, zu kandidieren. „Ich stehe bereit, wenn auch nicht auf Biegen und Brechen“, sagt der 60-Jährige. Er wendet sich gegen eine Mitgliederbefragung, in der er vermutlich unterliegen werde. „Der überschätzt sich, und glaubt er sei beliebt“, sagt ein Parteikenner über den langjährigen Ex-Senator.

Nicht kandidieren will Landeschef Carsten Sieling. „Wir haben eine ganze Reihe von guten Leuten“, sagt der 46-Jährige, der zum Bürgermeistermacher mutieren könnte. Was seine Karriere angeht, hält Sieling das Tempo von ganz allein. Wenn nach dem Großvater Scherf auch die Väter Böhrnsen, Lemke und Kröning gehen – dann könnte die Stunde der Enkel schlagen. Die von Sieling. kay müller