Missbrauch der eigenen Tochter

Prozess Angeklagter machte früher gegen Flüchtlinge Stimmung: die seien „Kinderschänder“

Vor dem Berliner Landgericht wird derzeit gegen den Fahrlehrer Ingolf P. wegen des Vorwurfs des sexuellen Kindesmissbrauchs verhandelt. Die Staatsanwaltschaft wirft dem Köpenicker vor, sich über Jahre an seiner eigenen Tochter vergangen zu haben.

Die heute 25-Jährige hatte die Vorfälle erst zur Anzeige gebracht, als sie Anlass zu der Befürchtung hatte, dass ihr Vater erneut ein Kind missbrauchen würde. Das wollte sie mit der Anzeige vor weiteren Taten ihres Vaters bewahren. Angeklagt sind somit auch vier Fälle des Missbrauchs eines anderen Mädchens. Vor Gericht zeigte sich Ingolf P. teilweise geständig. Strittig ist die Anzahl der Vergewaltigungen. Die Ermittler hatten P.s Wohnung durchsucht und dabei Kinderpornos auf dem Computer gefunden.

Ingolf P. ist in Köpenick bekannt. 2014 und 2015 gehörte er zu den führenden Köpfen der vermeintlichen Bürgerinitiative gegen Asylbewerberheime im Köpenicker Allende-Viertel. Er war Betreiber der inzwischen abgeschalteten Facebook-Seite „Nein zum Containerdorf am Standort Allende II“ und Initiator von „Mittwochsmahnwachen“. Dort agierte er gemeinsam mit führenden NPD-Kadern wie dem damaligen Landesvorsitzenden Sebastian Schmidtke.

„Bei den Argumenten der Face­bookgruppe gegen die Flüchtlingsunterkünfte wurde immer der Kinderschutz vorgeschoben, auch von Ingolf P.“, erinnert sich Stefanie Fuchs, die für die Linken im Abgeordnetenhaus sitzt und damals gegen die Nazis demonstrierte. „Es wurde beispielsweise gefordert, kein Heim in der Nähe von Schulen und Spielplätzen zu errichten, weil Flüchtlinge angeblich Kinderschänder seien.“ Mit dem Argument, es gehe um „unsere Kinder“, sei im Viertel Stimmung gegen Flüchtlinge geschürt worden.

Ob Ingolf P. die Naziforderung „Todesstrafe für Kinderschänder“ mit gerufen hat, ist nicht überliefert. Vor dem Landgericht droht ihm im Falle einer Verurteilung eine Haftstrafe. Kommende Woche soll das Urteil gesprochen werden.

Marina Mai