Rudolf Balmer über die französischen Präsidentschaftskandidaten
: Der Pate der Pariser Mitte

Man kann über François Bayrous Verzicht auf seine Präsidentschaftskandidatur spotten, da er laut Umfragen ohnehin bloß 5 bis 8 Prozent der Stimmen bekommen hätte. Doch leicht ist ihm das Opfer bestimmt nicht gefallen. Er muss dem jüngeren Emmanuel Macron den Vortritt lassen, dem es gelungen ist, den Platz in der politischen Mitte zu besetzen, den Bayrou für sich reserviert zu haben glaubte.

Macron hat mit seiner rasanten Kampagne Bayrou vor vollendete Tatsachen gestellt. Jetzt muss dieser sich mit der Rolle des politischen Paten begnügen, der den Neuling bei Wahlen unterstützt und ihm weise Ratschläge erteilt. Aus ersten Reak­tio­nen ist zu schließen, dass Bayrous Entscheid gut ankommt. Schließlich sind solche vermeintlich selbstlosen Gesten in der politischen Arena selten geworden.

Aber es geht um mehr. Zwei Aspekte sind von großer und womöglich entscheidender Bedeutung: Bayrou könnte Macron am Ende genau die drei oder vier zusätzlichen Prozentpunkte bringen, um im ersten Wahlgang den Konservativen François Fillon zu überrunden und so in die Stichwahl zu kommen, die Macron gegen Marine Le Pen haushoch gewinnen würde. Bayrou, der ewige Spielverderber, würde so zum „Königsmacher“. Kein schlechter Abschluss einer Politikkarriere.

Was Fillon aber am meisten ärgern muss, ist die Einvernehmlichkeit von Bayrou und Macron in Sachen politischer Moral, während seine Figur in aller Öffentlichkeit dauerhaft mit „Penelopegate“ – der Frage einer Anstellung der eigenen Ehefrau – assoziiert wird. In der Frage nach Interessenkonflikten, Finanzaffären, Klientelwirtschaft, Korruption und illegaler Wahlfinanzierung, die schon Nicolas Sarkozy zum Verhängnis geworden war, hat Bayrou im bürgerlichen Lager die größere Glaubwürdigkeit – und mit seinem Rückzug den von links kommenden Macron für Rechtswähler akzeptabel gemacht.

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