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Der Dorsch landet im Netz der Scholle

Fischerei Umweltschützer sind besorgt um Dorschbestand, der als Beifang in die Netze gerät

BERLIN taz | Ostsee-Dorsche landen auch während ihrer Schonzeit häufig als Beifang in den Netzen von Schollenfischern. Das gefährdet ihren Bestand, warnt der World Wide Fund for Nature (WWF). Mit Erlaubnis des Landwirtschaftsministeriums gehen die Schollenfischer unterhalb von 20 Meter Tiefe auf Fang. Doch genau in diesen Bereichen sammeln sich laut WWF-Fischereiexpertin Stella Nemecky die paarungsbereiten Dorsche jetzt zum Laichen.

Die rechtliche Lücke bereitet der Expertin Sorge um die Dorsch­population in der Ostsee. „Die Fischer werfen die kleineren Fische zurück und nehmen vor allem die großen fruchtbaren Weibchen. Aber solche Exemplare werden jetzt für die Bestände gebraucht“, sagt Nemecky.

Außerdem würden die Tiere sich durch das Fischen zerstreuen und somit bei der Paarung gestört. Deswegen empfiehlt Nemecky, die Fischerei während der Paarungszeit von Anfang Februar bis Ende März in den tieferen Bereichen komplett einzustellen.

Ein gravierendes Problem sei auch, dass den dänischen Fischern zehnmal so hohe Beifangquoten erlaubt seien wie ihren deutschen Kollegen. Auch die Dänen gehen derzeit wieder auf Schollenfang in größeren Tiefen. Ein entsprechendes Verbot hatte die dänische Regierung aufgehoben, um ihre Fischereiflotten gegenüber Deutschland wettbewerbsfähig zu halten.

Dem Deutschen Fischereiverband (DFV) zufolge ist die Sorge um die Dorschbestände allerdings unbegründet. Die Fischerei störe die Dorsche nicht beim Laichen, und zurzeit seien nur wenige Schollenfischer unterwegs. Der Sprecher des Bundeslandwirtschaftsministeriums Carsten Reymann bestätigte, dass zurzeit nur wenige Fischereifahrzeuge Plattfischerei betrieben, mit der Schollen gefangen werden. Von den erlaubten 60 Tonnen Dorschbeifang seien bisher nur rund 5 Tonnen in den Netzen gelandet. Der Dorsch stünde keineswegs vor dem Kollaps, sagte Reymann. Die Bestände hätten sich in den vergangenen Jahren bereits deutlich erholt. 2013 habe es nur 12.600 Tonnen erwachsene, geschlechtsreife Tiere gegeben, 2016 sei die Menge aber auf 19.000 Tonnen gestiegen.

„Der Bestand liefert nur noch einen Bruchteil des nachhaltigen Dauerertrages“, sagt Christopher Zimmermann vom Thünen-Institut für Ostseefischerei in Rostock, „daher bedarf es weiterhin drastischer Schonmaßnahmen“. Dann könne sich der Dorsch in der Ostsee in den nächsten fünf Jahren wieder erholen. Stella Muthorst

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