Razzien bei Ditib-Imamen

Spitzel-Affäre Bundesanwaltschaft lässt Wohnungen von vier Geistlichen durchsuchen. Justizminister Maas fordert, der Islamverband müsse sich „glaubhaft“ von Ankara lösen

Satellitenschüssel auf dem Dach der durchsuchten Ditib-Moschee in Fürthen (Westerwald) Foto: Thomas Frey/dpa

Von Daniel Bax

BERLIN taz | Am Mittwoch haben Polizisten in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz die Wohnungen von vier islamischen Geistlichen durchsucht, darunter ein Haus auf dem Gelände einer Moschee in Fürthen im Westerwald. Es gehe um den Verdacht der „Agententätigkeit“, teilte die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe mit. Die Imame sollen Informationen über mutmaßliche Anhänger der Gülen-Bewegung in ihrer Region gesammelt und nach Ankara berichtet haben. Die türkische Regierung hält den Prediger Fethullah Gülen für den Drahtzieher des Putschversuchs vom Juli 2016.

Festnahmen gab es nicht, teilte einer Sprecherin am Nachmittag mit, es seien lediglich Beweismittel sicher gestellt worden. Der Grünen-Politiker Volker Beck hatte im Dezember Anzeige wegen Spionageverdachts gestellt. Mitte Januar nahm die Bundesanwaltschaft daraufhin Ermittlungen auf.

Der Hintergrund: Die türkische Regierung hatte ihre Konsulate im vergangenen Herbst aufgefordert, Informationen über Aktivitäten der Gülen-Bewegung in Deutschland zu liefern. Dabei wurden auch Imame eingespannt. Als die Sache publik wurde, sprach Ditib-Generalsekretär Bekir Alboga zunächst von „einer Panne“. Zuletzt hieß es, die betreffenden Imame seien inzwischen wieder in die Türkei zurück beordert worden.

Nach Erkenntnissen des nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzes lieferten allein aus diesem Bundesland mindestens 13 Imame die Namen von 33 Personen und elf Institutionen nach Ankara, berichtete dessen Präsident Burkhard Freier vor einer Woche im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Auch in drei rheinland-pfälzischen Moscheegemeinden sollen Imame Informationen gesammelt haben. Die taz zitierte im Januar aus einem solchen Bericht, aus dem hervor ging, welche Imame sich als Informanten betätigten.

Die Ditib gilt als größter muslimischer Dachverband in Deutschland. Der „Türkisch-Islamischen Union der Anstalt für Religion“ („Diyanet Isleri Türk Islam Birligi“) gehören rund 900 Moscheegemeinden in Deutschland an. Sie ist eng mit der staatlichen türkischen Religionsbehörde Diyanet verwoben, die der Regierung in Ankara untersteht. Diese entsendet und bezahlt die Imame, die in den Ditib-Gemeinden in Deutschland predigen.

„Eine beispiellose Einschüchterungskampagne“

Mustafa YeneroĞlu, AKP-Abgeordneter

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) forderte Ditib jetzt auf, sich „glaubhaft“ von Ankara zu lösen. „Der Einfluss des türkischen Staates auf die Ditib ist zu groß“, erklärte er in Berlin. Und der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, sagte dem rbb, türkische Geheimdienstaktivitäten seien hierzulande „in keiner Weise akzeptabel“.

Die Kritik an Ditib geht inzwischen quer durch alle Parteien. Von CDU-Vize Julia Klöckner bis Sevim Dağdelen von der Linkspartei fordern Politiker, die Zusammenarbeit zu beenden. Das Bundesinnenministerium dagegen sprach noch im Januar davon, es sei „gerade in der derzeitigen Situation notwendig, im Gespräch zu bleiben“.

Die Ditib-Zentrale in Köln ließ bis Redaktionsschluss auf eine versprochene Stellungnahme warten. Dafür meldete sich aus Ankara der deutsch-türkische AKP-Abgeordnete Mustafa Yeneroğlu. Er bezeichnete die Razzien gegen Ditib-Imame als „beispiellose Einschüchterungskampagne“ und „inakzeptabel“.