Deutsche verlieren Lust am Dämmen

Effizienz Im Wärmebereich droht die Bundesregierung ihre Ziele deutlich zu verfehlen

Chemie für den Klimaschutz: Styroporplatten Foto: Sebastian Gollnow/dpa

BERLIN taz | In Deutschland werden weiterhin deutlich weniger Wohngebäude energetisch saniert, als von der Bundesregierung geplant. Das geht aus dem neuen Gebäudeatlas der halb-staatlichen Deutschen Energieagentur (Dena) hervor. „Unsere Zahlen zeigen: Eine Beschleunigung ist bei der Energieeffizienz im Wärmesektor nicht erkennbar“, erklärte Dena-Geschäftsführer Andreas Kuhlmann am Montag. Die von der Regierung geplante Verdopplung der Sanierungsrate von 1 auf 2 Prozent im Jahr zeichne sich daher weiterhin nicht ab.

Grund für die stagnierende Rate ist laut Dena vor allem der deutliche Rückgang beim Absatz von Dämmstoffen: Dieser ging von 2012 bis 2015 um 11 Prozent zurück. Der Verkauf von energieeffizienten Heizungen und Fenstern legte hingegen zu. Um den Trend umzukehren, forderte Kuhlmann „bessere Anreize für Hausbesitzer, damit sie in eine energetische Sanierung investieren“. Nötig seien „eine Ausweitung der Förderinstrumente und bessere Konditionen“.

Das sieht man auch im Umwelt- und Bauministerium von Barbara Hendricks (SPD) so. „Es muss deutlich mehr und schneller in die Bestandssanierung investiert werden“, sagte ihr Sprecher der taz. Dass dies nicht geschehe, liege unter anderem daran, dass die im Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz vorgesehene steuerliche Absetzbarkeit von Sanierungskosten am Veto der CSU gescheitert sei. „Wir bedauern, dass es dafür keine Zustimmung gegeben hat“, sagte Hendricks’ Sprecher. Das Wirtschaftsministerium verweist auf die bestehenden Förderprogramme, etwa über die staatliche KfW-Bank, die seit 2006 die Sanierung von 4,6 Millionen Wohnungen gefördert habe.

Die Steigerung der Energieeffizienz ist offiziell ein zentraler Bestandteil der Energiewende-Politik der Bundesregierung: Der Primärenergieverbrauch soll bis 2050 im Vergleich zu 2008 um 50 Prozent gesenkt werden, bis 2020 um 20 Prozent. Erreicht worden sind 2015 aber nur 7,6 Prozent. Um das Ziel noch zu schaffen, müsste in den verbleibenden vier Jahren also fast doppelt so viel eingespart werden wie in den letzten acht. Im Gebäudebereich waren von den geplanten 20 Prozent Einsparung bis 2015 erst 11 Prozent geschafft.

Neben der fehlenden steuerlichen Absetzbarkeit dürften auch die gesunkenen Ölpreise dazu beigetragen haben, dass die Lust am Dämmen nachgelassen hat. Für Eigenheimbesitzer, die mit Öl heizen, rentieren sich energiesparende Maßnahmen durch den fast halbierten Preis deutlich langsamer – wenn überhaupt. Bei vermieteten Wohnungen hingegen kann der Eigentümer die Kosten nicht nur komplett an den Mieter weiterreichen, sondern sogar daran verdienen: Sie dürfen dauerhaft 11 Prozent der Sanierungskosten auf die Miete aufschlagen.

„Eine Beschleu­nigung ist nicht erkennbar“

Andreas Kuhlmann, Dena

Mieter- und Sozialverbände sehen energetische Sanierungen darum skeptisch, solange kein anderes Finanzierungsmodell dafür gefunden wird. Auch Umweltverbände und Gewerkschaften, die sich im Bündnis Effizienzwende zusammengeschlossen haben, fordern, Gebäudesanierung sozial verträglich zu gestalten.

Malte Kreutzfeldt