NACHRUF
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Unbekannte Berühmtheit: der Comedian Kazim Akboga Foto: dpa

Der die Sprache liebte

Kazim Akboga war nicht kokett. Er war Künstler. Mit seinem YouTube-Hit „Is mir egal“ war er im Internet schon ein Prominenter, bevor er zum singenden Kontrolleur in dem Werbevideo der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) wurde. Dass Akboga seinen Song im Original mit der Zeile „Diese Lied scheise“ beendet, war zwar auch lustig. Aber er meinte das absolut ernst.

Kazim Akboga gehörte zu jenen, die sich selbst ernster nehmen, als ihr Publikum es tut – hart im Urteil über sich selbst, voller Zweifel, ob das, was er machte, seinen eigenen Ansprüchen genügte.

In Schweinfurt wuchs er als Sohn türkischer Einwanderer auf. Er arbeitete im Döner-Laden seiner Eltern, machte eine Ausbildung zum Fremdsprachenkorrespondenten, schrieb nebenbei Gedichte und Texte. Mit 30 zog er nach Berlin, verdingte sich zunächst als Werbetexter, drehte dann in seiner Neuköllner Erdgeschoss-Butze YouTube-Videos. Ging man mit ihm durch seinen Kiez, fragten ihn ständig Passanten, ob er der „Ismiregal“ sei; junge Studentinnen baten in Cafés um Autogramme.

Trotz des großen Erfolgs mit dem BVG-Spot kannte kaum jemand seinen Namen. Akboga blieb der „Ismiregal“-Typ, selbst unter Comedian-Kollegen. Seine große Vorbilder waren aber nicht die türkisch-deutschen Comedians, obwohl er sich mit dem „Ismiregal“-Typ selbst in diese Ecke gestellt hatte.

Stereotype bedienen, den lustigen Türken geben, sich auf das politische Kabarett spezialisieren, sich Erdoğan und die Türkei vornehmen – er hätte großen Erfolg haben können. Das wollte er aber nicht. Sein Humor war nicht zum Brüllen komisch. Er war eigentlich ein Mann des leisen Humors, der nur durch seine Verkleidung wie ein bunter Spaßvogel wirkte. Er wollte mit der Sprache spielen – und so gut Klavier wie Helge Schneider. Hin und wieder trat er nach dem BVG-Erfolg in Provinz-Discos auf, hatte er eine Einladung in die Show anderer Comedians und trat bei „Deutschland sucht den Superstar“ auf. Erfolglos.

Großer Humor und tiefe Traurigkeit sind Zwillinge. Sie liegen sehr nah beieinander, gefährlich nah für ein Leben. Jetzt ist Kazim Akboga tot.

Doris Akrap