Charmanter Vermittler

NACHRUF Der Kulturbotschafter Albrecht Lempp ist tot

„Wo er auftauchte, begannen sich die Dinge besser, sinnvoller, eleganter zu gestalten“

OLGA TORKARCZUK

Albrecht Lempp, Polens Literaturbotschafter, ist tot. Dabei hatte der 59-Jährige den Teilnehmern der Kulturtagung „Mehr Europa“ in Warschau noch zugewunken „Ich bin gleich wieder da!“, sich den dezent gemusterten Schal über die Schulter geworfen und sich auf den Weg gemacht, einen Bekannten zu treffen. „Zwei Stunden wird es dauern“, sagte er, „vielleicht drei.“ Wir nickten. Doch er kam nicht zurück. Ein Herzinfarkt.

Als Chef der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit stieß Lempp unermüdlich neue deutsch-polnische Kulturprojekte an, vermittelte Kontakte, ebnete polnischen Schriftstellern den Weg zu Lesern in Deutschland, Österreich und der Schweiz. „Albrecht hatte etwas von einem Zauberer“, schreibt Olga Torkarczuk, die Lempp ihren internationalen Durchbruch als Schriftstellerin verdankt: „Dort, wo er auftauchte, begannen sich die Dinge besser, einfacher, sinnvoller und eleganter zu gestalten. Es schien, als ob es ihn keinerlei Mühen kostete – er war ein geborener, sanftmütiger Anführer.“

1953 in Stuttgart als Sohn des bekannten Kinderpsychiaters Reinhart Lempp geboren, studierte Albrecht in München, Sofia und Krakau Slavistik, promovierte an der University of North Carolina in Chapel Hill und begann 1987 am Deutschen Polen-Institut in Darmstadt eine Karriere als Übersetzer. 20 Jahre später ging er nach Krakau, um dort die Europäische Akademie „Villa Decius“ aufzubauen und danach zusammen mit der Arbeitsgruppe Literatur „polska2000“ den Auftritt Polens als Gastland der Frankfurter Buchmesse vorzubereiten. Seine „charmante Professionalität“, erinnert Tokarczuk, „war Weltklasse. Albrecht war ein Geschenk.“

Obwohl mit den Jahren die Aufgaben immer umfassender wurden, erlag Lempp nie der Versuchung, zum arroganten Kulturmacker zu werden. Im Gegenteil. Wichtig waren für ihn stets persönliche Kontakte, die Freundschaften mit den Schriftstellern und Schriftstellerinnen. Am Montag, zur Beisetzung auf der Ehrenallee des Warschauer Powazki-Friedhofs, werden viele namhafte Intellektuelle Polens Albrecht Lempp die letzte Ehre erweisen. GABRIELE LESSER